Zivilbevölkerung ist vielfältigen Manipulationen ausgesetzt

CdP de San José de Apartadó – Bericht vom 5.2.2020
Übersetzung 10.2.2020/bfk/wk

Unsere Gemeinde San José de Apartadó macht wiederum Ereignisse bekannt im Land und in der Welt, um die dauernden Belästigungen zu beenden.

Wie in den vergangenen 23 Jahren des zivilen Widerstandes unserer Friedensgemeinde so sind wir weiterhin in Sorge, weil unsere Rechte und unsere Würde durch Gewalt und Aggressionen kontinuierlich angegriffen werden. Weiterhin sind die Paramilitärs präsent und dominieren die Region dank der Duldung oder Unterstützung staatlicher Institutionen. Neuerdings planen die Paramilitärs Erwachsene sowohl als auch Minderjährige aus dem Bezirk San José zwangweise zu rekrutieren. Rekrutiert und ausgebildet werden Leute aus den Gemeinden Chigoradó, Mutatá und andere Orte in Urabá Antioqueño und Chocó erhalten den Aussagen der Bevölkerung zufolge, militärisches Training.

Was am meisten Sorgen bereitet ist die Nutzlosigkeit der anwesenden Militär- und Polizeikräfte in San José de Apartadó. Seit 2005 besteht hier eine Militärbasis und ein teurer Polizeibunker. Das ist gegen die Menschenrechte und gegen das Verbot des Verfassungsgerichts mitten unter der Zivilbevölkerung und der Schulen Militärbasen zu errichten. Es gibt auch eine Zusammenarbeit mit den Paramilitärs, die mit Erlaubnis des Militärs neue Mitglieder rekrutieren, illegale Steuern erheben und immer wieder unsere Friedensgemeinde bedrohen. In den letzten Wochen wurde bekannt, dass die bekannten Paramilitärs „RENE“ und „EL BURRO“ nach San José kamen begleitet von Bewaffneten und um unter den Augen der Polizei rekrutieren und erpressen zu können.

Hier nun die Vorfälle der letzten Wochen:

Sonntag, 19. Januar 2020
Tagsüber, so berichten Einwohner von San José, kam „RENÈ“, der bekannte Paramilitär, der das Kommando über eine illegale mit Handfeuerwaffen bewaffnete Gruppe im Bereich San José übernommen hat, ins Stadtgebiet, wo eine ständige Präsenz der Sicherheitskräfte besteht. Scheinbar koordiniert er dort die Erpressung der Händler.

Samstag, 25. Januar 2020
Tagsüber gab es schwere Todesdrohungen von Paramilitärs, aus den Bezirken Mulatos, La Resbalosa, La Hoz und Rodoxali, (San José de Apartadó) gegen Hugo Molina, Mitglied unserer Friedensgemeinde. Laut Paramilitärs drohten sie ihm, weil er den Besitztitel einer Finca nicht abgeben wollte. Die Besitzer dieser Finca, die Familie Molina, waren zuvor von denselben Paramilitärs, die sich in dieser Gegend von Rodoxalí befinden, enteignet worden.

Die Woche vom Montag 20. bis Sonntag 26. Januar 2020
In der Woche erschien ein Paramilitär, bekannt als „EL BURRO“, offenbar Kommandant, der für die Zwangsrekrutierung minderjähriger Jugendlicher in der Zone von San José de Apartadó verantwortlich ist.
Diese werden dann nach Chigoroda und in den Chocó zur militärischen Ausbildung gebracht damit sie später Kommandeure eskortieren und schützen, die früher Mitglieder der FARC-EP waren und jetzt als paramilitärische Kommandeure dienen, bekannt als „LEON“ oder „LA FIERA“ und „SOPA“. Andere paramilitärische Kommandeure, auch ehemalige Mitglieder der FARC-EP, die in der Gegend anwesend und unter dem Pseudonym „EL BURRO“ und alias „RENE“ bekannt sind, hatten alias „RAMIRO“ geschickt, ein Mitglied der Paramilitärs, dessen Bereich die Gemeinde San José ist und auch andere Jugendliche kamen wohl rekrutiert aus anderen Zonen. Diese Leute hatten die Aufgabe zu begleiten und nach Informationen von „Ramiro“ wurden allerdings einige von ihnen getötet. Alias “EL BURRO” war schon seit Wochen auf dem Motorrad hin- und hergefahren zwischen Apartadó und der Gemeinde San José und spionierte unsere Friedensgemeinde aus.

Montag, 27. Januar 2020
Unsere Friedensgemeinde wurde über einen neuen Belagerungsplan der Finca La Roncona informiert, die unserer Gemeinde seit 22 Jahren gehört und an der sie ganz klare Besitzrechte hat. Momentan gibt es einen Rechtsstreit, den die Familie Jaramillo angestrebt hat, obwohl sie den Besitz schon viele Jahre verlassen hatte. Nach unseren Informationen steht derselbe neue Bürgermeister von Apartadó (Felipe Cañizalez) hinter dieser Invasion, der auch die Eindringlinge zur Finca de la Alcaldia de Apartadó dazu aufgefordert hat. Diese Finca wurde vom Bürgermeister in der Stadt San José zur Zeit des übelsten bewaffneten Konflikts gekauft, um den Flüchtlingen vom Land Platz zu bieten damit sie besser in unsere Friedensgemeinde vordringen können.

All das zeigt, dass der Bürgermeister seiner Verantwortung, Gebiete zu suchen, wo Familien Grund und Boden haben können, nicht nachkommt, sondern die perverse Strategie verfolgt, ganz legal auf die von unserer Friedegemeinde gekauften Grundstücke einzudringen und zu besetzen.

An demselben Montag, 27.Januar 2020 drang Herr Elkin Ortiz, Einwohner von San José in der Finca de la Alcaldia de Apartadó,in unsere Finca La Roncona ein um Zäune und Pflanzen zu zerstören. So hatte er es schon zu anderen Gelegenheiten getan, angestiftet von denselben Paramiliärs, die behauptet hatten, dass sie sich nun des Ortes bemächtigen würde, sodass der Verdacht aufkommt, dass auch hinter dieser Sache wieder der Alcalde Felipe Cañizalez steckt, der ja in unser Gebiet vordringen möchte, um dort die Eindringlinge unterzubringen.

Dienstag, 28. Januar 2020
Am Morgen kam uns der Plan der Junta de Acción Comunal der Region zu Gehör, dass das Denkmal, mit dem unsere Friedensgemeinde an die 6 Mitglieder unserer Gemeinde erinnert, die bei dem Massaker am 8. Juli 2000 von den Militärkräften der 17. Brigade in Abstimmung mit den Paramilitärs getötet wurden, zerstört werden wird. Dieses Denkmal wurde an der gleichen Stelle des Massakers gebaut und wurde seitdem zu einem heiligen Ort der blutigen Erinnerung an unsere Gemeinschaft in Abstimmung mit den betroffenen Familien errichtet. Wir verstehen nicht, warum das Kommunale Aktionsgremium jetzt gegen unser Gedenken kämpft. Es wird gesagt, dass der Gemeindevorstand, anstatt die Erinnerung an die Opfer zu schützen, das Angebot des Bürgermeisters von Apartadé begrüßen will, der anscheinend angeboten hat, dort ein Sportzentrum zu bauen, mit dem Zweck, ganz offensichtlich, die Erinnerung an unsere Opfer auszulöschen. Im Folgenden wurden wir informiert, dass die Junta sich nun mit der Polizei und dem Bürgerbeauftragten beraten wird.

Mittwoch, 29. Januar 2020
Um 5.50 am Nachmittag überfiel eine Gruppe von 5 uniformierten Militärangehörigen ausgerüstet mit Gewehren der Militärbasis von San José de Apartadó, die Eingänge unserer Siedlung San Josesito de Apartadó und schreckten nicht davor zurück eine ältere Person, Jaime Montoya, der angeblich Geld, das er zuvor beantragt hatte, holen wollte, zu beauftragen Geld zu holen. Er behauptete unsere Gemeinde habe ja viel Geld. Alles zeigt, dass die Paramilitärs ihn dazu veranlassten, indem sie einen Vorwand fanden, um unser Gebiet zusammen mit den Sicherheitskräften zu betreten, und dass das Militär selbst eine ältere Person benutzte, um unsere privaten Räumlichkeiten nach Informationen und Lage der Familien unserer Friedensgemeinschaft zu durchsuchen.

Sonntag, 2. Februar 2020
Um 18 Uhr verschaffte sich wieder Herr Elkin Ortiz Eintritt in unser Privateigentum, nämlich die Finca La Roncona. Dieses Mal wurde er begleitet von einem früheren Mitkämpfer der FARC-EP, der auch im Stadtgebiet von San José wohnt. Vermutlich angestiftet von den Paramilitärs, um mehr Zerstörung der Zäune und Pflanzen zu verursachen.

Montag, 3. Februar 2020
Tagsüber schickte die Junta de Acción Comunal von Mulatos Medio 2 Maultiertreiber mit 8 Maultieren, die beladen mit Sandsäcken in unsere Siedlung Aldea de Paz Luis Eduardo Guerra kamen und die Ladung abluden. Dabei missachteten sie die Tatsache, dass für die Friedensgemeinde seit 15 Jahren diese Stelle heilig ist, da 2005 dort unser früherer Anführer Luis Eduardo Guerra und seine Familie umgebracht wurden. Die Tatsache, dass dort Sand abgeladen wird, beweist, dass es einen Plan gibt, gewaltsam unseren Grund und Boden zu besetzen. Dahinter stecken noch andere Kräfte als die Junta comunal, und das steht in engem Zusammenhang mit den anderen Plänen, die Erinnerung an frühere Untaten und Massaker auszulöschen, so ähnlich wie im Weiler La Unión, wo – siehe 28. Januar – sich die Junta Comunal anschickt, das Denkmal zur Erinnerung an den Mord zu zerstören, den die Paras im Jahr 2000 an sechs unserer Gefährten verübten.

Dienstag, 4. Februar 2020
Tagsüber kam wiederum die Junta de Acción Comunal des Bezirks Mulatos Medio. Sie kamen zurück und luden wieder Sand ab es sind nun 19 Ladungen auf einem Gebiet, das ihnen nicht gehört.

Es ist offensichtlich, dass die Paramiliärs die Zivilbevölkerung benutzen, um unsere Friedensgemeinde anzugreifen, sei es um Zäune und Felder zu zerstören oder wie im Fall unseres Grundstücks La Roncona, um Informationen zu erhalten. Wie geschehen im Fall der Einflussnahme auf Herrn Montoya durch das Militär und die Paramilitärs. Zudem wird ja auch aufgefordert in die Gemeinde vorzudringen – wie es der Bürgermeister von Apartadó schon tut – um unsere heiligen Stätten zu zerstören und damit die Erinnerung an unsere Opfer auszulöschen wie schon geschehen im Fall der kommunalen Juntas La Unión und Mulatos Medio. Der Paramilitarismus hat die Kontrolle, ohne selbst von irgendjemandem in seinem Tun gestört zu werden, das sagen die Paramilitärs selbst auch so. Sie machen Pläne wie sie Mitglieder unserer Gemeinschaft bedrohen können. Sie planen unsere Bauernschaft mit illegalen Steuern zu kontrollieren und sie allen Arten von Drohungen und Erpressungen auszusetzen. Leider unterstützen die staatlichen Organe all das oder tolerieren zumindest die Pläne mit ihrer Politik. Sie stellen sich taub und verschränken die Arme.

Am 21. Februar werden wir des Massakers der Mulatos und La Resbalosa vor 15 Jahren gedenken. Taten, die weiterhin straffrei bleiben, weil die Schuldigen auf ungeheuerliche Art von der Richterin Claudia Rocío Saldaña entlastet wurden, die im System der Friedens-Übergangsgerichtsbarkeit tätig ist.
Die Richterin CLAUDIA SALDA-A der JEP (Sonderjustiz für den Frieden )Kammer für die Definition der Rechtsordnung erließ tatsächlich am 30.Dezember 2019 die Resolution 008169 und setzte damit Haftbefehle von 3 bereits von der höheren Instanz, dem Bundesgericht verurteilten Täter aus. Zugleich gewährte die Richterin den drei Tätern die Vorteile der Übergangsgerichtsbarkeit, die bereits weitere zehn Militärs genießen, die früher wegen des schrecklichen Massakers verurteilt worden waren. Damit verstieß sie jedoch gegen das Gesetz, das der Übergangsgerichtsbarkeit zugrunde liegt, weil das bestimmt, dass die Täter, die in den Genuss des Straferlasses kommen wollen, geständig sein und die volle Wahrheit über die Verbrechen offenbaren müssen – eine Bedingung, die die Täter jedoch nicht erfüllten. Auf diese Art und Weise mündet die Übergangsgerichtsbarkeit in der Praxis in eine offene und herausfordernde Politik der Straffreiheit, und zwar nicht nur durch die Missachtung seiner eigenen juristischen Grundlage, sondern auch dadurch, dass nun die Übergangsgerichtsbarkeit und ihre Vorzüge Tätern zugutekommen, für die die Übergangsgerichtsbarkeit gar nicht gedacht ist. Denn in den fraglichen Fällen handelt es sich um Täter, die zwar barbarische Verbrechen begangen haben, aber diese Verbrechen standen in keinerlei Verbindung zum bewaffneten Konflikt. Nur mit absurden Argumenten oder mit perversen Manipulationen könnten sie nämlich behaupten, dass Mitglieder unserer Friedensgemeiner in irgendeiner Weise an kriegerischen Aktivitäten beteiligt gewesen seien. Denn das Grundprinzip unserer Friedensgemeinde ist es ja gerade, an dem bewaffneten Konflikt nicht teilzunehmen und mit keiner der Parteien auf irgendeine Weise zusammenzuarbeiten.

Über das Gesetz hinaus, selbst in seinen willkürlichsten Versionen und entgegen aller Vernunft, steht das JEP selbst im Gegensatz zu jeglicher Justiz und gegen die Ethik. Unsere Friedensgemeinde wird immer auf der Seite einer wahrhaftigen Justiz stehen, die diejenigen unterstützen, die selbst die Schrecken des Krieges und des Staatsterrorismus erlitten haben und wird eine echte moralische Unterstützung geben. Sie wird nicht einer Gerechtigkeit das Wort reden, die die geistigen Urheber der Barbarei deckt und diejenigen belohnt, die für das Grauen verantwortlich sind, aber dennoch von aller Schuld freigesprochen werden.

Wir können all jenen Menschen und Organisationen, die an unseren Widerstand geglaubt und uns persönlich, moralisch und politisch unterstützt haben nur von ganzem Herzen danken. Heute laden wir euch ein nicht aufzugeben, denn eure Unterstützung aus der Ferne stärkt uns und erfüllt uns mit Kraft sodass wir weitermachen können.

Die Pandemie, die tatsächlich in Urabá tötet

CdP de San José de Apartadó – Bericht vom 14.5.2020
Eingesandt von cdpsanjose el Jue, Übersetzung 28.5.2020/bfk/wk

Wieder wendet sich unsere Friedensgemeinschaft von San José de Apartadó an euch alle, um euch über die Vorkommnisse in unserem Gebiet und der Umgebung zu informieren. Immer wieder werden Menschenwürde oder verfassungsmäßige Prinzipien und Grundsätze der Menschenrechte verletzt.

Die globale Pandemiesituation, hat auch in San José zu drastischen Maßnahmen der Isolation und extremen Einschränkung der Mobilität und der sozialen Beziehungen geführt. Sie bedroht uns, obwohl es noch keine Todesfälle hier im Gebiet gibt und obwohl auch noch keine Ansteckungen gemeldet sind. Auch an die Dominanz des Paramilitarismus sind wir ja seit vielen Jahrzehnten gewöhnt aber nun ergibt sich eine zusätzliche Gelegenheit für sie – die ja sowohl die volle Unterstützung und den Schutz des Staates, als auch der führenden sozialen Schicht genießen – eine noch stärkere Kontrolle und territoriale Herrschaft auszuüben, als verlängerter Arm des Staates, der hier auch keinerlei Kontrollfunktion auszuüben scheint.

Während die Paramilitärs in San José die Mobilität der Bürger einschränken – z.B. Zutrittsverbote für Verwandte und Besucher – laufen sie selbst bewaffnet, manchmal in Tarnuniformen, manchmal in zivil durch das Gebiet und veranstalten Trinkgelage wohl wissend, dass ihnen keiner etwas anhaben kann.

Am 12. März urteilte die zuständige Kammer des Obersten Gerichts von Antioquia, die Ländereien der Farm La Nina im Dorf California de Turbo müssten an elf früher vertriebene Familien zurückgegeben werden.  Gleichzeitig ordnete das Gericht eine umfassende strafrechtliche Untersuchung der Menschenrechtsverstöße an, derer sich, wie das La-Nina-Verfahren ergab, die Unternehmen Bananeras de Urabá und Banacol schuldig gemacht haben. Beide Firmen haben jahrelang die Vertreibungen geplant und ausgeführt, wobei sie sich der von ihnen geförderten und finanzierten paramilitärischen Strukturen bedienten.  Dies offenbart die enge Beziehung des Bananenunternehmers Urabé mit dem organisierten Verbrechen.

Andererseits erklärte der Bischof von Apartadó Hugo Alberto Torres Maron in einem Interview mit der Zeitung El Espectador am 20. April (2020), dass er auf Seiten der nationalen Regierung keine Bereitschaft sehe, paramilitärische Strukturen zu kontrollieren, vor allem nicht die so genannten AGC oder „Clan del Golfo“ – wie die Regierung die Paramilitärs bezeichnet -, obwohl diese Truppe der wichtigste Gewaltakteur der Region ist. Der Bischof kennt die Hintergründe gut, da er bei dem Friedensprozess zwischen den Seiten vermittelt und bei der Umsetzung des Friedensvertrags unterstützt hat.

Die Bewertung der von der kolumbianischen Regierung getroffenen Maßnahmen in Zeiten der Pandemie fällt uns nicht leicht. Aber man merkt schon, dass die strikten Schutz- und Vorsorgemaßnahmen zur Eindämmung des Virus auf deutliche Art und Weise die Eindämmung der Welle sozialer Proteste bewirkt hat, die sich seit November 2019 stark aufgebaut hat.

Die Maßnahmen gegen das Virus kaschieren die stark sinkende Popularität von Staatspräsident Iván Duque und die wachsende Ablehnung seiner Politik ebenso wie die Nichterfüllung des Friedensabkommens, die systematische Ermordung von sozialen Führungsfiguren und Demobilisierten. … Durch den Kampf gegen das Corona-Virus ist alles das aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit verdrängt: Wahlbetrug und Korruption im Staat sind auf einem nie dagewesenen hohen Niveau, des Weiteren beobachten wir zerstörende Umweltpolitik, exorbitante Ausgaben für das Militär und die Sicherheit hoher Politiker, die in den vergangenen Wochen bekanntgewordene Bespitzelung einer Vielzahl von Personen und die Einmischung krimineller Regierungen in die Innenpolitik

und zur selben Zeit die Einmischung von Kolumbien in souveräne Entscheidungen anderer Staaten und Verstöße gegen zahlreiche internationale Verträge. Die Massenmedien haben stark zu diesen Verschleierungen beigetragen, um der Gefahr der Ansteckung eines biologischen Virus entgegenzutreten. Aber die Ansteckung durch ein Virus, das die Ethik und die Grundlagen des menschlichen Zusammenlebens zerstört, ist ihnen dabei egal.

Bei dieser Gelegenheit wollen wir Fakten veröffentlichen, die die Ausbreitung der paramilitärischen Macht in unserem Hoheitsgebiet zeigen:

Bewohner aus dem Dorf von San José de Apartadó berichten, dass in der Woche vom 12. bis zum 18 April 2020 mehrere Personen (mindestens 5) aus dem Weiler rekrutiert wurden. Es waren auch Minderjährige dabei und alle sollten in der Gemeinde Playa Larga in ein traditionelles Ausbildungszentrum der Paramilitärs geführt werden.

Spät am Mittwochabend, 15. April 2020, erschienen 3 Personen eine von ihnen war eine Frau, im Haus eines Bürgers der Gemeinde Las Nieves und ohne sich auszuweisen forderten sie bei ihm übernachten zu können.

Am Morgen des 18.April 2020, einem Samstag marschierten 2 Paramilitärs in zivil mit Funkgeräten und Pistolen durch das Friedensdorf Luis Eduardo Guerra in das Dorf Mulatos Medio. Am Nachmittag desselben Tages wurden noch 3 Paramilitärs gesehen auch in zivil aber mit Gewehren.

Ebenfalls am 18. April 2020, wurde ein Dorfbewohner in einer Polizeikontrolle bei der Ankunft in Las Colinas, am Ausgang von Apartadó, festgenommen, als er versuchte, seinen Geschäften nachzugehen. Die Polizisten wollten seine Durchreise blockieren, erlaubten sie ihm aber dann doch angesichts weiterzugehen.

An einer anderen Kontrollstelle ca 300 m weiter, wurde er von einem Paramilitär in zivil festgehalten, dort muss normalerweise für die Passage Geld bezahlt werden. Nachdem er erklärte, dass die Polizei ihm bereits erlaubt hatte zu passieren, machten sie klar, dass die Entscheidung der Polizei hier unerheblich sei und er bezahlen müsse, um weitergehen zu können. Genauso kontrollieren die Paramilitärs seit einigen Wochen den Zugang zur Gemeinde Salsipuedes, von San José de Apartadó und verlangen Geld für den Durchgang. Dies zeigt wieder genau wie Paramilitärs die Pandemie für ihre Ziele ausnutzen.

Am Sonntag, den 19. April 2020, konsumierten in La Union mehrere paramilitärische Führer die ganze Nacht von Sonntag, 19. bis Montag, den 20. April Schnaps in großen Mengen, hörten laute Musik ohne auf die nationalen Regeln der Isolierung wegen COVID 19 zu achten. Am Montag darauf zogen sie in ein benachbartes Anwesen, um weiterzufeiern.

Da der Gemeindevorstand den Konsum von Spirituosen in dieser Zeit der Isolierung verboten hatte, verhängte er eine Geldstrafe von 600.000 Pesos (etwa € 145) gegen den einen Barbesitzer. Der betroffene Barbesitzer verteidigte sich aber, er sei von den paramilitärischen Führern alias „Chuchito“, „Ramiro“ und „Huhn“ dazu gezwungen worden auszuschenken. Sie seien die Autorität vor Ort und nun müsse der Barbesitzer ihnen den Schnaps aushändigen.

Um 23 Uhr am Montag 20. April 2020, liefen drei vermummte Paramilitärs durch den Weiler La Unión. Am selben Tag aber tagsüber war dort schon der paramilitärische Spion, bekannt als „El Cochero“, in Begleitung von drei Männern durch die Gemeinde El Porvenir gegangen.

Am Donnerstag, den 23. April 2020, trafen Informationen in der Friedensgemeinde ein, wonach der als „El Burro“ bekannte Paramilitär in derselben Woche an den Ort „Chontalito“ gekommen war, um den paramilitärischen Alias „Pablo“ zu treffen, mit dem Ziel die Kontrollstrategien für das Gebiet der Vereda Mulatos und die umliegenden Gebiete zu koordinieren und dabei die Situation der Quarantäne zu nutzen, die der gesamten nationalen Bevölkerung auferlegt wurde.

Am Samstag, den 25. April 2020, wurden sieben Paramilitärs in zivil aber mit Gewehren gesehen, als sie von der Gemeinde La Cristalina in Richtung der Stadt San José de Apartadó zogen.

Am Montag, den 4. Mai 2020, gegen 19:00 Uhr, waren mehrere Schüsse in der Innenstadt von San Jose zu hören. Eine Anti-Guerilla-Polizeigruppe, hat angeblich mehrere Schusswaffen beschlagnahmt, deren Träger jedoch, allesamt Paramilitärs laufen lassen. Nach dem Vorfall schlugen einige Polizisten vor, ein Fußballspiel zwischen Polizei und Zivilisten zu organisieren, was offen gegen Quarantäneregeln verstößt. Angeblich sei es für sie kein Problem aber sie wollten sicherheitshalber noch die Paramilitärs dazu befragen, sagten sie. Wieder ein Beweis für die Zusammenarbeit zwischen den beiden Gruppen.

Am Abend des 12. Mai 2020, einem Dienstag, wurde in der Gemeinde Alto Bonito de San José de Apartadó in einem Viertel Caño Seco, der 19jährige RAFAEL ANTONIO GUERRA LÒPEZ, ein junger Mann von 19 Jahren getötet. Wie in weiteren vier vorangegangenen Fällen 2019 – 2020 musste Rafael sterben, weil er sich weigerte, den Befehlen der Paramilitärs zu gehorchen.

Das allgemeine Schweigen, das über dem Dorf lastet, offenbart die absolute Kontrolle, die die Paramilitärs in der Gegend ausüben Die Paramilitärs haben in diesem Fall wohl auch jegliches Bestattungsritual verboten. Keine Autorität, weder gerichtliche noch administrative, kümmerte sich um diesen Fall.

Alle Beweise für die paramilitärische Kontrolle in der Region  werden seit der Demobilisierung des FARC-EP im Anschluss an das Friedensabkommen von 2016  der Präsidentschaft der Republik immer wieder durch Eingaben zur Kenntnis gebracht, es wurden Analysen, die die Komplizenschaft der offiziellen Institutionen mit ihren Handlungen und Strategien belegen vorgelegt.

Dennoch, so muss man aus den Antworten auf die verschiedenen Fragen schleßen, wiederholt Präsident Duque die Fehler seiner Vorgänger, indem er einfach die Informationen an die militärischen Entscheidungsträger weitergibt und nicht seinen verfassungsgemäßen Pflichten als Garant der Grundrechte nachkommt.

Wir danken nochmals allen Menschen und Gemeinschaften in den verschiedenen Ländern der Welt für ihre ständige Solidarität mit unserer Friedensgemeinschaft, und gleichzeitig solidarisieren wir uns mit vielen von ihnen, die jetzt unter drastischer Isolation, starken Einschränkungen leiden und den Verlust einiger ihrer Angehörigen beklagen. Wir fühlen uns alle in moralischer Gemeinschaft verbunden.

Radiosendung am 18. Januar: „Kolumbien heute“

Jesus Emilio Tuberquia Zapata und Arley Antonio Tuberquia Usuga, die Sprecher der Friedensgemeinde San Jose, während eines Besuches in Wiesbaden. © Amnesty International Wiesbaden

In unserer nächsten Radiosendung am 18. Januar geht es um die aktuelle Situation in Kolumbien. Mehr als fünfzig Jahre fand in Kolumbien ein bewaffneter Konflikt statt, dessen Beginn auf die Mitte der 1960er Jahre datiert wird. Am 22. Juni 2016 vereinbarte die kolumbianische Regierung mit der größten Guerilla-Organisation, der FARC-EP, einen endgültigen Waffenstillstand. Dieser Waffenstillstand wurde im Jahr 2019 wieder aufgelöst. Weiterlesen

Kino: „Thinking like a Mountain“ am 13., 14. und 15. September

© déja-vu-film

In Kooperation mit dem Murnau-Filmtheater zeigen wir am 13., 14. und 15. September den Film:

THINKING LIKE A MOUNTAIN

Die Arhuacos wachen über den Wald und das Gletschereis von Kolumbiens höchster Bergkette – die Sierra Nevada de Santa Marta. Sie haben in dieser einzigartigen Umgebung eine symbolische Beziehung mit ihrem Territorium entwickelt. Bergseen sind von Gedanken durchdrungen und Menschen bekleidet von Stoffen, die das Land verkörpern. Seit Jahrhunderten verteidigten sich Arhuacos gegen europäische Eroberer, Landbesitzer und Minenunternehmen. Und flohen in die höchsten Lagen des Gebirges. Doch diese unzugängliche Gegend suchten auch die Akteure des kolumbianischen Bürgerkriegs. Auf dem heiligen Land, das von den Karibikstränden zu den tropischen Gletschern reicht, wurde ein blutiger Kampf ausgetragen, der das Leben der Gemeinschaft für immer verändert hat … Weiterlesen

Filmabend: „Chocolate de Paz“ am 28. März

© Chocolate de Paz

© Chocolate de Paz

In Kooperation mit „Peace Brigades International“ laden wir herzlich ein zum Film mit anschließendem Gespräch am 28. März:

CHOCOLATE DE PAZ

Die Friedensgemeinde San José de Apartadó in Kolumbien weigert sich seit ihrer Gründung 1997, Partei für eine der im bewaffneten Konflikt beteiligten Gruppen zu ergreifen – Paramilitärs, Guerillagruppen oder die Armee – und kämpft mit gewaltfreien Mitteln für ein Leben in Frieden. Mehr als 250 Mitglieder der Friedensgemeinde und Zivilisten, die in der Gegend wohnten, sind seitdem getötet worden oder gewaltsam verschwunden. Die Gemeinde erhielt im September 2007 den Aachener Friedenspreis. Weiterlesen

Filmabend zu Kolumbien: „Mateo“ am 19. Oktober

Quelle: Alpha Violet, Paris

Zusammen mit Peace Brigades International laden wir Sie herzlich ein zum 

Filmabend  Kolumbien: „Mateo“
Die Kraft der Kunst schwächt die Gewalt in Kolumbien

Mateo, 16, sammelt Erpressungsgelder von Ladenbesitzern in Barrancabermeja im Auftrag seines Onkels, eines lokalen Verbrechers. Er verwendet sein Gehalt, um seiner Mutter zu helfen, die das unrechtmäßig erworbene Geld aus Not akzeptiert.

Um seinen Wert zu beweisen, willigte Mateo ein, eine lokale Theatergruppe zu infiltrieren, um die politischen Aktivitäten seiner Mitglieder aufzudecken.

Als er von dem kreativen Lebensstil der Truppe in den Bann gezogen wird, eskaliert die Lage, da sein Onkel immer wieder belastenden Informationen über die Schauspieler fordert. Unter Druck muss Mateo schwierige Entscheidungen treffen.

In dieser Geschichte, die auf einer wahren Begebenheit beruht, finden Mateo und seine Mutter ihre Würde wieder, als sie sich der Gefahr stellen, an der etablierten Hierarchie des bewaffneten Konflikts in Kolumbien zu zweifeln.

Eine Hommage an die Gruppen, die sich für die Rückkehr eines dauerhaften Friedens in Kolumbien einsetzen und darum kämpfen, ihre Würde und ihren Respekt für Ihr Leben wiederzuerlangen.

Anschließend Gespräch und Diskussion mit Katharina Möbs-Pizarro, die für pbi anderthalb Jahre in Barrancabermeja im Einsatz war.

Drama, Co/Fr; 2014; 86 min.; FSK: ab 16; spanisch mit englischen Untertiteln; Regisseurin: Maria Gamboa; mit Miriam Gutierrez, Carlos Hernández, Felipe Botero, Samuel Lazcano

Eintritt frei
Freitag, 19.10.2018, 19 Uhr
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Blücherstrasse 46, Hinterhof
65195 Wiesbaden