Die gegen uns gerichtete Vernichtungsstrategie übersteigt bereits jede Hemmschwelle

Einmal mehr wendet sich unsere Friedensgemeinschaft von San José de Apartadó an die Menschheit und an die Geschichte, um die neuen und wiederholten Drohungen gegen unser solidarisches Leben zu dokumentieren. Wir aber versuchen nach wie vor, am ständigen Aufbau einer gerechteren Welt mitzuwirken.

Seit Langem versuchen die staatlichen Institutionen Kolumbiens, unterstützt von den Massenmedien, das Land und die Welt davon zu überzeugen, dass es in Kolumbien keine paramilitärischen Gruppen mehr gibt.
Diese bewaffneten Gruppen sind rechtlich nicht anerkannt, stimmen sich aber insgeheim mit dem gesamten institutionellen Rahmen ab. Ihre Aufgabe besteht darin, systematisch Verbrechen zu begehen, die die Menschheit mit größtem Entsetzen verabscheut, aber von der Justiz ungestraft bleiben. Sie zeigen sich dabei öffentlich als Gefährten und Schützlinge der Sicherheitskräfte, die schamlos ihre eigenen Uniformen, Räume und Bewegungen nutzen und von der Wirtschaft und den Massenmedien als Freunde angesehen werden.
Jedoch werden ihre Verbrechen von internationalen Gerichten als kriminell angesehen, ihre Beziehungen zum kolumbianischen Staat und zum Establishment waren nicht mehr zu verbergen, daher entwickelten sie einen anderen Modus Operandi. Jetzt werden die Beziehungen zu den Institutionen, zur Wirtschaft und zu den Massenmedien getarnt. Es besteht jetzt eine heimliche Finanzierung ihrer Akteure und Komplizen durch die Unterstützung der Drogenmafia und auf der Annahme der ANONYMITÄT als Methode zur Verschleierung ihrer Kriminalität. Innerhalb dieser Parameter war es möglich, dass zum Beispiel der CLAN DEL GOLFO, eine paramilitärische Struktur, die aus Urabá stammt, heute von einer Zivilbevölkerung und einer regionalen Institutionalität geschützt wird, die es ihr erlaubt Praktiken anzuwenden, die im Strafgesetzbuch als schwere Verbrechen gelten. Aber sie haben es geschafft, sie in routinemäßiger Toleranz als „normale Praktiken“ zu akklimatisieren, die niemand mehr infrage stellt und mit denen sich keine Kontrollinstanz, weder die Staatsanwaltschaft noch die Polizei noch die Armee noch die Generalstaatsanwaltschaft noch das Büro des Ombudsmanns zu befassen wagt.
Diese Gewöhnung an das Verbrechen hat dazu geführt, dass die alltägliche Ausübung der kriminellen Praktiken, die im Strafgesetzbuch klar beschrieben sind, „NORMAL“ geworden ist. Für jemanden, der die Gesetze und die Struktur der kolumbianischen Verfassungsordnung kennt, steht all dies im Widerspruch zur Rechtsordnung und zu den Gesetzen. Eine zivile Gruppe, die nicht durch ein verfassungsmäßiges Verfahren gewählt wurde, kann sich nicht die Macht anmaßen, auf diese Weise zu regieren, Regeln zu erfinden und durchzusetzen, Schutzgelder zu erpressen, Sanktionen zu verhängen, geschweige denn Strafen wie Verbannung und Tod, Land und Eigentum zu beschlagnahmen, Waffen zu benutzen, bewaffnete Patrouillen zu schicken, um ihren Willen durchzusetzen, und sogar so weit zu gehen, das Leben derer zu zerstören, die sich weigern zu gehorchen, nachdem sie auf alle möglichen Arten eingeschüchtert wurden.
Alles passiert im Namen einer elitären Ideologie oder einer „Ordnung“, die mit den Rechten und Garantien unvereinbar ist, die einst in einem Verfassungsrahmengesetz verankert waren. Obwohl dieses dutzende Male nach dem Willen einer wirtschaftlich privilegierten und korrupten Elite reformiert wurde, sind in ihm noch einige grundlegende Rechtsprinzipien verankert.

Wenn man immer wieder Zeugenaussagen von Landbewohnern oder Städtern hört, die die spezifischen Verbrechen beschreiben, die die tägliche Praxis der Paramilitärs ausmachen, ist man entsetzt, wenn man das Strafgesetzbuch aufschlägt und feststellt, dass mindestens 35 seiner Artikel die kriminellen Handlungen beschreiben, die den Alltag der Paramilitärs ausmachen. Die Justiz aber unternimmt nichts, um sie zu untersuchen, zu verfolgen und zu bestrafen. Auch die anderen staatlichen Institutionen unternehmen nichts dagegen, gebieten diesen Verbrechen keinen Einhalt, die die vielen Opfer in völliger Hilflosigkeit zurücklässt. Und was eigentlich noch schlimmer ist, diese Kriminalität wird durch riesige Geldsummen geschützt. Die Juntas de acción comunal (Anm. d. Ü.: Lokale Mitbestimmungsorgane, die die Verfassung vorsieht, die aber in der Praxis oft von den örtlich Mächtigen korrumpiert sind) werden durch hohe Bestechungsgelder dazu gebracht, zu schweigen und paramilitärische Projekte in ihrem Gebiet zu unterstützen.
(…)

Wir möchten heute über folgende Sachverhalte berichten:

Am Montag, den 6. Januar 2025, Morddrohung gegen einige Anführer unserer Friedensgemeinschaft

Am Montag, den 13. Januar 2025, wurde unsere Gemeinde über einen Aufruf zu einer Versammlung für die Einwohner der Region am 15. Januar in der Ortschaft La Esperanza, in unserem Dorf San José de Apartadó, informiert. Das zentrale Thema wäre, erneut die Notwendigkeit des Baus einer Straße über das Gebiet von Esperanza, unser Privateigentum. Unsere Opposition gegen den Bau dieser Straße hatte bereits in der Vergangenheit zu Blutvergießen und im März 2024 zu außergerichtlichen Hinrichtungen geführt.

(…)

Am Freitag, den 24. Januar 2025, wurden einige Einwohner der Gemeinde zu einer Versammlung vorgeladen. Hier erhielten sie folgende Vorschriften:
Sie dürfen nicht mehr als einen Hektar Land für den Anbau zur Selbstversorgung nutzen. Außerdem muss jedes Dorf zwischen 10 und 30 Millionen Pesos (€ 2.300 bis € 6.900) für den Bau der Straße beisteuern. Die Zivilbevölkerung muss den Treibstoff für die Maschinen liefern. Die Paramilitärs teilten einigen Zivilisten mit, dass im Falle der Friedensgemeinschaft der Befehl lautet: „Kein Zivilist sollte sich mit dieser HP (hijo de puta – Hurensohn d.Ü.) Gemeinschaft anlegen, denn sie haben bereits alles in die Wege geleitet, um sie auszurotten und vom Planeten zu tilgen“.

(….)

Am Freitag, den 14. Februar 2025, hielten die Paramilitärs in der Gegend von San José de Apartadó, eine Versammlung ab, es ging wieder um die Straße, die durch unser Eigentum führen würde. Dieses Projekt hatte ja bereits mehreren Protestierenden unserer Friedensgemeinschaft das Leben gekostet. Sie widersetzten sich dem Bau illegaler Straßen, die die Umwelt zerstören, im Dienste der multinationalen Bergbaukonzerne geplant werden, mit erpresserischen und illegalen „Steuern“ gebaut und mit militärischer Maschinerie in enger Zusammenarbeit mit Plänen durchgeführt werden, die von der dem Paramilitarismus unterworfenen Bevölkerung ohne jegliche demokratische Beteiligung festgelegt wurden.
(…)

(Anm. d. Ü.: Andere ständige Bedrohungen, Belästigungen, Einschränkungen fassen wir im Folgenden zusammen.)

Vor allem in sozialen Netzwerken werden falsche Nachrichten verbreitet, etwa die Einladung an die Zivilbevölkerung, unser Privateigentum zu betreten, weil auf diese Art betont werden könne, wie wichtig die Straße sei. (siehe 13. 1. 2025, d. Ü.) Dass dabei Drähte, Tore und Zäune niedergerissen werden, wurde in Kauf genommen.
Auch wurden Anwohner mit einem Plan der Paras bedroht, anonym eine der Siedlungen aus der Gemeinde niederzubrennen.

Einige paramilitärische Siedler kehrten die Bedrohungslage um, indem sie behaupteten, von der Friedensgemeinde bedroht zu werden.
Eines Tages wurden für alle Autos und Motorräder, die zwischen Apartadó und San José unterwegs waren, eine überhöhte Maut für die angebliche Reparatur einer vom Rathaus aufgegebenen Straße gefordert.

(…)

Zusammen mit unseren Unterstützern gedenken wir heute des 11. Jahrestages des letzten Massakers, das unsere Friedensgemeinschaft erlitten hat. Wir sind nach wie vor empört über die Straflosigkeit, die weiterhin herrscht.
Für unsere Zusammenarbeit mit staatlichen Stellen gibt es für uns keine Mindestbedingungen, insbesondere wenn Hunderte und Aberhunderte von schrecklichen Verbrechen ohne jegliche Gerechtigkeit oder Aufklärung bleiben.

Sie mögen unser Leben beenden, aber niemals unsere Stimmen, die inmitten eines Meeres der Straflosigkeit nach der Wahrheit schreien.

Friedensgemeinschaft von San José de Apartadó
19. Februar 2025

Zwischen Paradoxien und Mehrdeutigkeiten

Die Verantwortung, die Vergangenheit ans Licht zu bringen, ist ebenso wichtig wie der Blick auf die Zukunft und die Risiken, die Geschichte zu wiederholen. Das eine, ohne das andere zu betrachten bedeutet, zu ignorieren, dass Gebäude Fundamente brauchen.

So geht das Leben unserer Friedensgemeinschaft und des Landes seit einiger Zeit weiter. Wir leben zwischen zwei sich widersprechenden Welten:

Einerseits beginnt der Staat jetzt anzuerkennen, dass er uns gegenüber ungeheuerlich grausam war. Nachdem er 27 Jahre lang Botschaften und Dokumente genutzt hat, die den Staat und seine Institutionen von allen Verbrechen freisprechen, sieht er jetzt, dass seine Tausende von Verbrechen nicht länger so konsequent geleugnet und verheimlicht werden können, sondern er vielmehr versuchen muss, Wiedergutmachung zu leisten.

Aber andererseits hat uns die Erfahrung mit den Mächten, die in unserer Umgebung wirklich das Sagen haben gezeigt, dass sie uns ausrotten wollen und dass sie bereits effektive Wege gefunden haben, dies zu tun: Vor allem ist da die territoriale Konsolidierung des Paramilitarismus unter der Herrschaft des Golfclans (das mächtigste Verbrechersyndikat Kolumbiens. Die Bande ist aus rechtsgerichteten Paramilitärs aus der Demobilisierung hervorgegangen. Die Gruppe arbeitet mit dem mexikanischen Sinaloa-Kartell zusammen und ist gegenwärtig für die Hälfte des kolumbianischen Kokain-Exports verantwortlich als eine de facto unanfechtbare Exekutivgewalt. Wikipedia, „Clan del Golfo“).

Es handelt sich um eine bewaffnete Struktur, die nach den Plänen einer Guerilla errichtet wurde, aber vom mächtigen Kapital des Drogenhandels geleitet wird und an die Nichtbeachtung der Polizei, der öffentlichen Kräfte, des Justizapparats und der Mafia der politischen Macht geknüpft ist. Innerhalb dieses Schemas kann weiterhin proklamiert werden, dass wenn es Verbrechen gibt, es auch „Gerechtigkeit“ gibt; dass, wenn es Gewalt gibt, es auch Friedenspolitik gibt, und es bei Ungerechtigkeiten auch Mechanismen der Bürgerbeteiligung gibt. Aber all diese Gegensätze existieren nur in der Fantasie.

Dieses Jahr haben sie Nalleli und Edinson getötet (Nalleli Sepúlveda, 30, und Edinson David, 14, waren die Ehefrau bzw. der Bruder eines der führenden Mitglieder der Friedensgemeinde. Sie wurden am 19. März 2024 von Unbekannten getötet. Danach wurde versucht, die Morde als Verbrechen aus Leidenschaft dem Mann von Nalleli in die Schuhe zu schieben, der jedoch zur Tatzeit mit seinem Vater im Krankenhaus von San José de Apartadó war. Anm. d. Ü.). Vor dem Verbrechen hatten sie uns wochenlang angeschrien, wir sollten uns ihren Entwicklungsplänen und -kriterien unterwerfen, und wenn wir es nicht täten, könnten sie unsere Zäune niederreißen und unser Blut vergießen, wenn wir uns ihren Bulldozern widersetzten.

Am Ende taten sie es mit Verrat und zeigten uns auch, dass sie in der Lage waren, die Medien so zu manipulieren, dass die Menschen falsche und abartige Versionen der Fakten glauben. Es gelang ihnen damit auch, sowohl die Justiz als auch viele Gemeindevertreter auf ihre Seite zu ziehen. Wir haben auch festgestellt, dass diejenigen, die ihre Befehle oder ihr Geschäft infrage stellten, „bei Unfällen“ oder unter „seltsamen Umständen“ ums Leben kamen.

Wir waren eigentlich davon überzeugt, dass eine Welle des „menschlichen Kolumbiens“ in der Politik niemals funktionieren könnte, wenn es eine Karikatur der Gerechtigkeit gibt, wie sie Kolumbien seit vielen Jahrzehnten mit sich herumschleppt und die ungerecht und unfähig funktioniert.

Aber was war das für eine Überraschung, als wir von dem Papier erfuhren, das das kolumbianische Außenministerium am 10. Oktober 2024 an das Büro des UN-Hochkommissars für Menschenrechte geschickt hat, nachdem sich die Vereinten Nationen im August entsetzt über die Verbrechen an Nelleli und Edison geäußert hatten!

Das Außenministerium listet elf Verfahren auf, die zu beweisen scheinen, dass das Verbrechen an Nalleli und Edinson mit außergewöhnlicher Sorgfalt und Unparteilichkeit untersucht und bestraft werden würde. Diejenigen von uns, die solche Vorgänge aus nächster Nähe miterlebt haben, können jedoch nicht akzeptieren, dass die Inspektion einiger Leichen oder die des Tatorts oder die Verhöre einiger Nachbarn etwas zur Wahrheit beitragen kann, während den Tätern alle mögliche Zeit und alle günstigen Umstände geboten wurden, um sich ihre Vertuschungslügen nach Belieben auszudenken.

Die jüngsten juristischen Winkelzüge bestärken uns in unserer früher gefassten Entscheidung, grundsätzlich nicht auf das kolumbianische Justizsystem zu bauen und uns stattdessen auf die in der Verfassung gewährte Gewissensfreiheit zu berufen.

Wir möchten weitere Ereignisse der letzten Monate festhalten:

Am Samstag, 16. September, wurde unter seltsamen Umständen der leblose Körper des Siedlers Juan de Jesús Graciano, Bewohners des Dorfes El Cuchillo de San José de Apartadó, gefunden. Einige seiner nahen Verwandten waren im Juli 1977 Opfer des ersten Falles geworden, den wir im Bereich der Razzien, Folter, des Verschwindenlassens und der Massenmorde durch die nationale Armee verzeichneten, als die Friedensgemeinschaft noch nicht existierte, Fälle, die der Staat noch immer nicht aufgeklärt hat. Was den Tod von Don Juan de Jesús betrifft, so wird gemunkelt, dass es sich um den Verkauf eines Grundstücks an Paramilitärs handelte, das seine Verwandten besessen hatten. Man habe von ihm verlangt, den Verkauf zu beglaubigen. Er habe abgelehnt, deshalb hätten sie ihn ermordet.

Am Dienstag, 8. Oktober, haben die Bewohner des Dorfes La Esperanza eine neue Drohung gegen die Familie von Germán Graciano, dem gesetzlichen Vertreter unserer Friedensgemeinschaft, ausgesprochen und erklärt, dass die Krankheit, an der César Jaramillo, Direktor der FEDECACAO (der Kakaopflanzer-Verband, Anm. d. Ü.) und Gegner unserer Gemeinschaft, derzeit leidet, das Ergebnis von Hexerei der Familie Graciano gegen ihn ist und dass im Falle seines Todes Germáns Mutter getötet würde. (Es gibt neben einer heilenden, gut gemeinten Seite eine dunklere Seite der „Brujería“ in Kolumbien. Einige Praktizierende nutzen ihre Kräfte für böswillige Zwecke, beispielsweise um Zauber zu bewirken, um anderen Schaden zuzufügen oder Reichtum und Macht zu erlangen. Diese dunklen Hexen, bekannt als Brujos Negros, werden von der Gemeinschaft gefürchtet und oft gemieden, Anm. d. Ü.)

Am Donnerstag, 7. November, wurde unter ungeklärten Umständen die Leiche von Bradier Alonso Ríos in der Gemeinde El Carmen del Viboral, Antioquia, gefunden. Bradier war Mitglied einer der Gründerfamilien der Friedensgemeinschaft, aber im Gegensatz zu seinen Brüdern und Schwestern hatte er einige Schwierigkeiten, alle Anforderungen der Vorschriften unserer Gemeinschaft zu erfüllen. Er schied bei uns aus und kam auf der Suche nach Arbeit in ein Gebiet mit viel Gewalt wie Ost-Antioquia. Ohne dass die Ursachen noch klar sind, tauchte seine Leiche mit tödlichen Wunden am Hals auf einer Weide auf. Es war möglich, seine sterblichen Überreste zu retten, die von unserer Gemeinschaft mit großer Anteilnahme beerdigt wurden.

Am Donnerstag, 21. November, hat der Staatsrat (Consejo de Estado, höchstes Organ der Verwaltungsgerichtsbarkeit, Anm. d. Ü.) die Armee angewiesen, die Familie von Edilberto Vásquez Cardona, Mitglied unserer Friedensgemeinschaft, zu entschädigen. Edilberto wurde am 12. Januar 2006 von Soldaten des Infanteriebataillons Nr. 46 aus seinem Haus geholt und als “falso positivo” getötet (Unter der Bezeichnung Falsos-Positivos-Skandal wurden Fälle bekannt, bei denen Soldaten der  kolumbianischen Armee während des bewaffneten Konflikts in  Kolumbien wahllos Zivilpersonen töteten und die Leichen als im Kampf getötete Guerilla-Kämpfer präsentierten, um Erfolgsprämien wie zum Beispiel Beförderungen oder Sonderurlaub zu bekommen. Anm. d. Ü.)

Am Donnerstag, 5. Dezember, trafen erneut Morddrohungen gegen drei Mitglieder unseres Internen Rates ein: Germán Graciano, Arley Tuberquia und José Roviro López. Im Falle des letzteren haben sich, wie unserer Gemeinschaft mitgeteilt wurde, die Paramilitärs mehrmals auf den Dorfstraßen und auf der Straße von Apartadó nach San José aufgehalten und auf einen günstigen Moment gewartet, um ihn zu exekutieren, unabhängig davon, ob er von anderen Personen oder von internationaler Begleitung begleitet wird; sie sagen, dass sie jeden angreifen würden, der ihn begleitet. Es ist auch bekannt, dass Arley in der Stadt Apartadó bespitzelt wird, in der Hoffnung, einen seiner Ausflüge für ein Attentat zu nutzen.

Wenn in vielen Regionen des Landes Vorwürfe über paramilitärische Aktionen laut werden, ist es für jeden klar, dass das juristisch keinerlei Folgen haben wird. Sich die Macht anzumaßen, Versammlungen von Bevölkerungsgruppen einzuberufen und sie mit der Androhung von Bußgeldern oder Strafen wie Verbannung oder Tod zu erpressen, das offenbart nicht nur den kriminellen Charakter der Paramilitärs,  sondern auch die unbestreitbare Komplizenschaft derjenigen, die rechtlich den Auftrag haben, die Rechte der Bürger zu garantieren, die unbestreitbare Komplizenschaft von Gemeindevorständen, Stadträten, Bürgermeistern, Gouverneuren, Ministern, Abgeordneten, Staatsanwälten, Richtern, Bürgerbeauftragten, Pflichtverteidigern … Aber keiner von ihnen wurde je wegen Mittäterschaft belangt.

Ein kurzer Blick in das kolumbianische Strafgesetzbuch zeigt schon, dass die täglichen Routineaktionen des Paramilitarismus 33 Tatbestände des Strafgesetzbuches erfüllen. Aber es ist klar, dass weder die Polizei noch die Armee noch die Generalstaatsanwaltschaft sich um die Untersuchung und Bestrafung dieser Taten kümmern. Absolute Straffreiheit ermöglicht es dem Paramilitarismus, ungehindert zu agieren. Dies erklärt das Ausmaß unserer Tragödie.

Und wieder danken wir allen Gemeinschaften und Einzelpersonen, die uns moralisch unterstützt und unseren Widerstand gefördert haben.

Friedensgemeinde San José der Apartadó, 20. Dezember 2024

Leben im Schlagschatten des Todes

Einmal mehr wendet sich unsere Friedensgemeinschaft an das Land und die Welt, um die Tatsachen zu Protokoll zu geben, die die Menschen um uns herum und unsere Friedensgemeinde unentwegt bedrohen.

Seit vielen Jahren prangern wir die allgemein bekannte Präsenz der Paramilitärs in unserer Region an. Der Schrecken, den sie verbreiten, ist ein Phänomen, das eindeutig mit den Streitkräften zusammenhängt, an deren Seite sie zu operieren begannen, von denen sie ausgebildet, mit Waffen und Uniformen ausgestattet wurden und mit denen sie viele Jahre lang gemeinsam patrouillierten, bis der Aufschrei der internationalen Gemeinschaft sie zwang, ihre Beziehungen zur Armee diskreter zu gestalten. Aber dennoch erfüllten sie weiterhin die Aufgabe, die ihnen von Anfang an zugewiesen war: Die Gewalt auszuüben, die auszuüben den Sicherheitskräften durch das Gesetz verboten sind, ein Klima der Angst, des Schweigens und des Todes zu erzeugen, die Zivilbevölkerung daran zu hindern, ihre Grundrechte und -freiheiten wahrzunehmen.

Diese Situation führt nach wie vor zur Vertreibung von Menschen (…). Im vergangenen Jahr mussten mehrere Familien aus unserer Friedensgemeinde und anderen umliegenden Gemeinden ihre Häuser verlassen, um ihr Leben zu retten, und dabei ihren Besitz, ihre Tiere und ihre Lebensgrundlage zurücklassen.

Der Staat reagiert auf solche Ereignisse so gut wie gar nicht – Straflosigkeit und fehlende Gerechtigkeit sind die Kennzeichen seiner Passivität. Der Mord an Nalleli Sepúlveda und Edinson David am 19. März liegt nun schon fast sechs Monate zurück, ohne dass die Taten aufgeklärt oder die Verantwortlichen bestraft worden wären. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft kommen nicht voran, sodass die Verantwortlichen auf freiem Fuß bleiben und die Zivilbevölkerung unterdrücken und kontrollieren. Die Sicherheitskräfte verbreiten sogar unter den Bewohnern der Dörfer die Version, die die Täter konstruiert haben: Dass es die Familie der Opfer und ihre Friedensgemeinde war, die Schuld tragen an den beiden Mordtaten. (…) Es ist offensichtlich, dass der Justizapparat nur die Opfer belasten will, wie es die allzu bekannte Tradition ist, nicht aber die wahren Täter.

Die neuen Fakten, die wir heute zu Protokoll geben, sind die folgenden:

Am Mittwoch, 26. Juni, wurde unsere Gemeinde tagsüber über eine Reihe von Partys informiert, die in der Gegend stattfinden und bei denen die Anwesenheit von Paramilitärs und die Präsentation von Pornografie im Mittelpunkt stehen sollten.

Am Freitag, 28. Juni, teilte uns ein Einwohner der Region mit, dass mehrere Bewohner des Dorfes La Esperanza, unter anderem Erien Tuberquia, Benjamín Higuita, Daney Tuberquia und Aníbal de Jesús Higuita, bei der Staatsanwaltschaft gegen unsere Friedensgemeinde ausgesagt haben. Sie hätten behauptet, dass die Friedensgemeinde der geistige und materielle Urheber der Morde vom 19. März 2024 gewesen sei. Durch Lügen und Betrug haben sie eine Kampagne des Hasses, der Verfolgung und des Todes gegen uns ins Leben gerufen. Man tötet uns und beschuldigt uns dann, dafür verantwortlich zu sein – die Dreistigkeit und Niedertracht kennen keine Grenzen.

Am Dienstag, 2. Juli, erhielten wir die Information, dass einige Mitglieder der Junta de Acción Comunal des Dorfes La Esperanza angekündigt haben, dass sie mittels der Presse und der Justiz gegen unsere Gemeinde vorgehen würden. (Anm. d. Ü.: Die Juntas de Acción Comunal sind in der kolumbianischen Verfassung festgeschriebene Mitbestimmungsgremien auf lokaler Ebene, die in der Praxis oft von den örtlichen Machthabern kooptiert sind.) Sie behaupteten, Zeugenaussagen zu haben, die Diego Ceballos, den Ehemann der ermordeten Nalleli, und Germán Graciano, unser Rechtsbeistand, beschuldigen, für den Doppelmord verantwortlich zu sein. (…)  Die Lügen und Verleumdungen dieser Gruppe von Dorfbewohnern, die von dem Fedecacao-Vertreter César Jaramillo angeführt wird, (…) dauern weiterhin an (Anm. d. Ü.: Fedecacao ist die mächtige Vereinigung der kolumbianischen Kakaopflanzer und -exporteure).

Am Donnerstag, 4. Juli, und dem darauffolgenden Montag kamen mehrere Dorfbewohner zu uns und prangerten die Behauptungen an, die die Staatsanwaltschaft im Hinblick auf uns erhoben hat. Laut Zeugenaussagen haben mehrere Beamte der Staatsanwaltschaft von Apartadó den Bewohnern gesagt, dass sie vorgeladen wurden, um zu bezeugen, dass die Friedensgemeinde Kinder ausbildet, die dann zu den verschiedenen Guerilla-Fronten in der Region geschickt würden. Ein weiterer Teil eines Plans, unsere Gemeinde zu diskreditieren, der von den Militärs und den Paramilitärs gefördert wird.

In der ersten Juliwoche versuchten die Paramilitärs in einem der Dörfer von San Jose de Apartadó drei Minderjährige zu rekrutieren.

Am Dienstag, 9. Juli, befanden sich ein Beamter der JEP und ehemalige FARC-Kämpfer in den Weilern La Linda und Mariano in der Gemeinde San José de Apartadó, um Leichen zu exhumieren (Anm. d. Ü.: Die Justicia Especial para la Paz, JEP, ist die Sondergerichtsbarkeit, die mit dem 2016 geschlossenen Friedensvertrag zwischen der Regierung und der Guerrillagruppe Farc installiert wurde).

Von Donnerstag, 18. Juli, bis Sonntag, 21. Juli, haben wir unter Begleitung nationaler Gruppen und verschiedener internationaler Organisationen einen Gedenkmarsch zu den Dörfern La Esperanza und Mulatos in San José de Apartadó unternommen, um an die abscheuliche Ermordung unserer Genossen Nalleli Sepúlveda und Edinson David zu erinnern (…). Während des Marsches waren an einigen Stellen entlang der Straße Paramilitärs in Zivil zu sehen – eine Atmosphäre der Todesgefahr, die von den Drohungen von César Jaramillo und den Paramilitärs ausgeht, deren Parole lautet „Schluss mit der Friedensgemeinde“. (…)

Am Freitag, 19. Juli, erhielten wir Besuch von einem jungen, offenbar erst kürzlich rekrutierten Paramilitär, der von seinen Chefs Morddrohungen erhalten hatte. Wie in diesem Fall gibt es in der Region viele Jugendliche, Minderjährige, die von den Paramilitärs verpflichtet werden, ohne dass die zuständigen Institutionen etwas dagegen unternehmen. Einige dieser jungen Menschen wurden bereits von Paramilitärs oder der Armee in anderen Teilen des Landes getötet. Unsere Friedensgemeinde hat immer wieder öffentlich auf diese Barbarei hingewiesen, aber die Institutionen sind blind und stumm angesichts dieser Realitäten.

Am Samstag, 20. Juli, hieß es in den sozialen Netzwerken, die Friedensgemeinde habe im Dorf San José de Apartadó heimlich menschliche Überreste exhumiert, um dafür Geld zu erpressen. In Anbetracht dessen können wir nur unseren Grundsatz der Achtung der Menschenwürde bekräftigen, und genau daher würden wir niemals die sterblichen Überreste einer Person ohne die Zustimmung und Anwesenheit ihrer eigenen Angehörigen antasten. (…)

Am Freitag, 26. Juli, berichteten die lokalen Medien, dass die Armee mehrere Paramilitärs in einem Ort in der Nähe der Weiler Arenas Bajas und El Porvenir, in der Gemeinde San José de Apartadó, gefangengenommen und mit einem Hubschrauber abtransportiert habe. Nach Angaben der Bauern waren diese Personen damit beauftragt, in einigen Dörfern obligatorische Versammlungen mit den Bauern abzuhalten. Zwei Tage später erhielten wir den Anruf eines Anwohners, der uns warnte: Als Vergeltung für diese Festnahmen von Paramilitärs seien neue Repressalien gegen uns angekündigt worden. (…)

Am Sonntag, 4. August, als eine Delegation unserer Gemeinde durch den Ort Chontalito in der Gemeinde San José de Apartado fuhr, wurden sie von zwei Paramilitärs überrascht, die Waffen und Funkgeräte mit sich führten und die Frequenzen abfragten.

Am Samstag, 10. August, erhielten wir einen Hinweis, mehrere Personen seien in einem Lieferwagen ohne Nummernschilder auf der Straße von Apartadó nach San José unterwegs, und sie erkundigten nach den Spielplätzen der Kinder.

In der dritten Augustwoche fand ein von Paramilitärs einberufenes Treffen an einem Ort im Dorf La Unión statt, bei dem mehrere Paramilitärs in Uniform und mit Gewehren anwesend waren, zusammen mit einer Frau, die das Treffen mit den Bewohnern des Sektors koordinierte. Auch in einigen Bereichen von Mulato Medio wurden uniformierte Paras gesichtet. (…)

Am Mittwoch, 4. September, erfuhren wir von einer Morddrohung gegen einen Zivilisten aus der Region, offenbar haben die Paramilitärs den Fall an ihre Kommandeure weitergegeben, die die außergerichtliche Hinrichtung des Zivilisten beschließen werden.

Am Donnerstag, 5. September, wurde unsere Gemeinde über die paramilitärischen Drohungen gegen Roviro López, Mitglied des Internen Rates unserer Gemeinde, informiert, die paramilitärische Ankündigung lautete: „der kleine Affe, der auf der anderen Seite lebt, soll bloß aufpassen, wir werden diesen Hurensohn einer Kröte töten“.

Am Montag, 9. September, erfuhren wir von dem Plan, unsere Farm Roncona zu besetzen, ein Plan, der von Hugo Alberto Molina Torres befürwortet wird und der mit den Direktoren der Kooperative Cacao Vive (…) in Verbindung steht.

Unterwerfung, Kontrolle und Angst hören nicht auf. Unsere Region blutet, auch wenn unsere Friedensgemeinde und die umliegende Bevölkerung weiterhin für Gerechtigkeit und das Andenken an unsere ermordeten Kameraden kämpfen, ohne gehört zu werden. Trotz zahlloser Beschwerden herrschen in der Region weiterhin Straflosigkeit und die Kontrolle durch Unternehmen und Paramilitärs. Wirtschaftliche Interessen, die mit dem Paramilitarismus verbunden sind, erinnern uns ständig an die Gefahr, der wir Menschenrechtsverteidiger ausgesetzt sind. (…)

Unsere Friedensgemeinschaft ist nach wie vor Zielscheibe von Drohungen und Tötungen in einem Staatswesen, das Ungerechtigkeit und paramilitärische Gewalt rechtfertigt. Auch wenn die Zentralregierung in Bogotá eine andere Meinung vertritt, ist ihre Ohnmacht angesichts eines völlig verrotteten Justizsystems, das radikale Veränderungen erfordert, ebenso offensichtlich wie bedauerlich.

Wir danken von ganzem Herzen allen Menschen und Gemeinschaften in Kolumbien und der ganzen Welt für ihre Solidaritätsbekundungen und ihr Engagement angesichts der schwierigen Situation, in der wir uns befinden.

Friedensgemeinde San José de Apartadó, 11. September 2024

Über uns das Damoklesschwert der Vernichtung

In diesem Jahr hat unsere Friedensgemeinde San José de Apartadó eine zunehmende Verfolgung durch Kampagnen erlebt, die zivile Organisationen wie die Juntas de Acción Comunal vereinnahmt haben.

Es lohnt sich, daran zu erinnern, was wir schon in unserem Bericht vom 6. Mai 2021 angeprangert haben. Zum einen geht es um das Kommuniqué von César Jaramillo, dem Hauptinitiator dieser Verfolgung, mit dem Titel „An die staatlichen Behörden“, in dem gefordert wurde, dass nur die Meinung der Juntas de Acción Comunal gehört wird und nicht die unserer Friedensgemeinschaft (Anm. d. Ü.: Diese Juntas (wörtlich: kommunale Aktionsräte) sind in der kolumbianischen Verfassung vorgesehene Mitbestimmungsgremien auf lokaler Ebene, die in der Praxis allerdings oft von den örtlichen Machthabern gelenkt und manipuliert werden). Diese Erklärung fällt zeitlich mit der Verfassungsbeschwerde zusammen, mit der die 17. Heeresbrigade im Oktober 2018 gegen uns vorgegangen ist, um uns daran zu hindern, mit unseren regelmäßigen Blog-Berichten die Zivilgesellschaft darüber zu informieren, was bei uns geschieht

Anmerkung der Übersetzung:
Eine Verfassungsbeschwerde, spanisch acción de tutela, kann in Kolumbien vor jedem Richter erhoben werden, anders als in Deutschland, wo allein das Bundesverfassungsgericht dafür infrage käme, erläutert Professor Michael Stöber, Präsident der Deutsch-Kolumbianischen Juristenvereinigung auf AnfrageJ: „Ganz ähnlich wie bei der deutschen Verfassungsbeschwerde dient die ‚acción de tutela‘ der Geltendmachung einer Verletzung von Grundrechten. Wenn das Gericht die ‚acción de tutela‘ für begründet hält, kann es Maßnahmen zur Abhilfe verfügen. Im vorliegenden Fall könnte dies zum Beispiel eine Unterlassungsverfügung sein, d. h. das Gericht würde der Gegenpartei untersagen, die betreffenden Inhalte weiterhin in dem Blog zu veröffentlichen. Während nach deutschem Verständnis der Staat und seine Organe grundsätzlich nicht Grundrechtsberechtigte, sondern nur Grundrechtsverpflichtete sind (und deshalb grundsätzlich keine Verfassungsbeschwerde erheben können), ist das kolumbianische Verständnis der Grundrechte weiter. In Kolumbien können u. U. auch staatliche Organe wie hier die Streitkräfte sich auf Grundrechte berufen. In Deutschland wäre dies nicht möglich.“
Die Übersetzer danken Professor Stöber für seine Erklärungen.

Zum anderen muss erinnert werden an den Aufruf ebendieses Herrn Jaramillo, der die Vorsitzenden der Junta de Acción Comunal von La Esperanza dazu brachte, sich in einem „Vertrag“ zu verpflichten, unsere Friedensgemeinschaft zu vernichten. Dieser Text wurde am 26. April 2021 im Rathaus von Apartadó verfasst. (…)

Obwohl es den Anschein hatte, dass diese Kampagne eingestellt worden war, zeigen die Ereignisse dieses Jahres dagegen, dass sie mit extremen Formen der Gewalt wiederbelebt wurde. Die Audios, die zwischen Februar und Mai dieses Jahres zirkulierten, begleitet von den zerstörerischen Aktionen gegen unsere Farm Las Delicias im Dorf La Esperanza, die in der Ermordung von Nalleli Sepúlveda und Edinson David am 19. März gipfelten zeigen, dass diese Kampagne nach wie vor gegen uns geführt wird. Sie ist mit der gesamten paramilitärischen Kontrolle des Gebiets unter der Führung der kriminellen Organisation Clan del Golfo verbunden ist (Anm. d. Ü.: Der Clan del Golfo, auch Clan Úsuga, Los Urabeños oder Autodefensas Gaitanistas de Colombia genannt, ist laut Wikipedia das mächtigste Verbrechersyndikat Kolumbiens. Die Bande ist aus rechtsgerichteten Paramilitärs hervorgegangen. Die Gruppe arbeitet mit dem mexikanischen Sinaloa-Kartell zusammen und ist für große Teile des kolumbianischen Kokain-Exports verantwortlich. Der Clan benutzt als operative Basis die schwer zugängliche nordwestkolumbianische Subregion Urabá, in der San José de Apartadó liegt – daher auch der Name „Los Urabeños“.)

In den letzten Wochen kam es zu neuen Fällen dieser Verfolgung, die wir vor der Öffentlichkeit zu Protokoll geben:

Am Freitag, 7. Mai, wurde die starke Präsenz mehrerer bekannter Paramilitärs an dem als Chontalito bekannten Ort festgestellt. Dabei war Adolfo Guzmán, ein bestens bekannter Paramilitär aus dem Dorf La Unión.

Am Samstag, 18. Mai, wurde die Gemeinschaft auf ein Dokument aufmerksam, das von einigen Personen aus dem Dorf San José de Apartadó unterzeichnet und im Mai bei verschiedenen nationalen und internationalen Behörden eingereicht wurde. Darin bringen sie nicht nur ihre Ablehnung der Morde an Nalleli Sepúlveda und Edinson David zum Ausdruck, sondern klagen auch die Stigmatisierung der Zivilbevölkerung unserer Umgebung und unserer Friedensgemeinschaft an. Bei der Durchsicht der Liste der Unterzeichner wird jedoch schnell deutlich, dass einige der Unterzeichner genau diejenigen waren, die nicht nur zu den Verbrechen motiviert haben, sondern auch Gewalttaten wie die Zerstörung von Zäunen und Toren und deren Verbrennung sowie die Verbreitung des Slogans „keine Friedensgemeinschaft mehr“ gefördert haben und die den Plan zur Auslöschung von Menschenleben unterstützt haben, wie aus den verschiedenen Audios und Videos hervorgeht, die in den sozialen Netzwerken kursierten.

Am Montag, 20. Mai, wurden Bernardo Ceballos und Nohemi David, die Eltern unseres Genossen Diego und damit die Schwiegereltern unserer am 19. März ermordeten Genossin Nalleli Sepúlveda, telefonisch von der Staatsanwaltschaft vorgeladen. Seit dem Verbrechen hatten die Täter Diego aufs übelste verleumdet, indem sie versuchten, ihm das Verbrechen in die Schuhe zu schieben, obwohl er sich zur Tatzeit um seinen Vater kümmerte, der in Apartadó im Krankenhaus lag. Die Staatsanwältin namens Amelia, die die Eltern von Diego absolut regelwidrig per Telefon vorlud, bestätigt die lange, feststehende Tradition, die die Justiz in Urabá kennzeichnet: Dass gegen die Opfer ermittelt wird und niemals gegen die Täter. In der Tat gibt es kein erkennbares Ermittlungsinteresse der Staatsanwaltschaft gegenüber bestimmten Leuten der Junta de Acción Comunal von La Esperanza, die bei ihren gewalttätigen Angriffen auf unseren Bauernhof Las Delicias ganz offen vorgingen. Sie schreckten auch nicht davor zurück, die Mitglieder unserer Gemeinschaft in ihren Audios und Videos öffentlich an den Pranger zu stellen und zu unserer Vernichtung aufzurufen. Sie erklären, dass sie, wenn es nötig sei, Blut zu vergießen, Blut vergießen würden. All dies zeigt, dass die Tradition der Straflosigkeit der Justiz von Urabá unangetastet bleibt, zur Schande des Landes und der Welt.

Am Dienstag, 21. Mai, wurde bekannt, dass die Paramilitärs einen großen Teil des unberührten Waldes am sogenannten Chontalito im Gebirge Serranía de Abibe abgeholzt haben. Dort prangern wir seit mehreren Monaten einen Parkplatz und eine paramilitärische Unterkunft an.

Am Dienstag, 28. Mai, stellte eine humanitäre Mission unserer Gemeinschaft beim Betreten des Anwesens Las Delicias im Dorf La Esperanza fest, dass sich die Gewalt nun gegen die Tiere richtet, die die Lebensgrundlage der Familien der Gemeinde bilden. Im Laufe der Zeit wurden mehrere Rinder mit Macheten verwundet, eines von ihnen wurde geschlachtet.

Am Sonntag, 2. Juni, kamen nachts nahe den Dörfern Arenas und La Unión mehrere Männer in Tarnuniform mit Gewehren und ELN-Abzeichen und sagten den Dorfbewohnern, dass sie nachts niemanden sehen wollen. Wir haben keinen Zweifel daran, dass in einem Gebiet, das vollständig von den Paramilitärs kontrolliert wird, es die Paras selbst es sind, die sich als andere bewaffnete Akteure tarnen, um die Region mit noch mehr Terror zu überziehen.

Am Mittwoch, 5. Juni, wurde eine Delegation der nationalen Regierung, verschiedener Ministerien und Verwaltungseinheiten in Begleitung mehrerer Botschafts- und UN-Vertreter in unserer Friedensgemeinde empfangen. Dieses Treffen war eine Fortsetzung des Treffens vom 27. März auf der Farm Las Delicias im Ortsteil La Esperanza, bei dem eine Lagebeurteilung erstellt und einige Schutzmaßnahmen zugesagt wurden. Erneut wurde deutlich, dass es keinerlei Genehmigungen für den Bau von Straßen in diesem Gebiet gibt, was die laufenden Projekte illegal macht. Die Abwesenheit des Umweltministeriums war bedauerlich, denn während dieses Treffens entnahmen mehrere Kipplaster auf ihrem Weg durch unsere Finca La Roncona illegal Baumaterial aus dem Fluss, und zwar mit Genehmigung der Chefs der Junta de Acción Comunal des Dorfes La Victoria, die angeblich für die Entnahme von illegalem Material Gebühren erhoben.

Am Donnerstag, 6. Juni, wandte sich ein dunkel gekleideter Paramilitär an einen Verwandten von Germán Graciano, dem Rechtsvertreter unserer Friedensgemeinschaft, um ihm mitzuteilen, dass Graciano bereits ermordet worden sei. Das stellte sich als falsch heraus, aber es bestätigte, dass der Auftrag zu seiner Ermordung unter den Paramilitärs zirkulierte, so wie auch seit Monaten immer wieder die Rede von Mordaufträgen gegen andere Mitglieder der Gemeinschaft und des Internen Rates unserer Friedensgemeinde die Rede ist.

Wir danken erneut vielen Gemeinschaften in Kolumbien und auf der ganzen Welt für ihre Solidaritätsbekundungen angesichts der sich verschlimmernden Verfolgung gegen unsere Friedensgemeinschaft.

Besonders hervorheben möchten wir die umfangreichen und wohldurchdachten Dokumente, die sie an die Instanzen des Interamerikanischen Systems für Menschenrechte und an die verschiedenen Behörden des kolumbianischen Staates geschickt haben, in denen sie Gerechtigkeit und Schutz für uns fordern, stets unter Beachtung der internationalen Verträge und der nationalen Verfassung selbst.

Friedensgemeinde San José de Apartadó, im Juni 2024

Man versucht uns mit aller Macht auszurotten

In einer Welt der Gemeinheit und Unterdrückung verdienen wir es vielleicht nicht zu leben, denn es gibt keinen Platz für die Schwachen, die eine gerechtere und menschlichere Welt mit gewaltfreien Mitteln aufbauen wollen.

Mit größter Konzentration versucht man die einzige Möglichkeit zu vernichten, die sich nicht der Erpressung oder den perversesten Lügenkampagnen beugt. Diese Haltung hat bereits zu den schlimmsten Gräueltaten geführt, die in diesen langen 27 Jahren der Gemeinschaft erlebt und erlitten wurden.

Unsere moralischen und ethischen Überzeugungen als universelle Lebensprinzipien werden uns jedoch niemals zurückweichen, geschweige denn aufgeben lassen. Aus diesem Grund und angesichts unserer moralischen Verantwortung wenden wir uns erneut an die Menschheit und die Geschichte, damit diese neuen Fakten eines Tages beurteilt werden können.

Am Donnerstag, 3. Mai 2024, wurden wie in den Tagen zuvor auch schon in San Josecito landwirtschaftliche Maschinen, die zur Lebensmittelverarbeitung verwendet worden waren, gestohlen.

Am Dienstag, 7. Mai 2024, wurde auf einem Gemeindegrundstück in der Ortschaft La Esperanza ein totes Rind mit Verletzungen durch eine Machete und ein noch lebendes Rind mit Verletzungen an der Hüfte gefunden.

Es gab Morddrohungen einem Mitglied unserer Gemeinde gegenüber und auch gegen den gesetzlichen Vertreter der Friedensgemeinschaft, German Graciano.

Des Weiteren gab es wieder Eingriffe in ein geregeltes Alltagsleben durch unnötige Kontrollen und damit verbunden Feststellung der Personalien, Kontrollen, Ausspionieren auf dem Gebiet der Friedensgemeinde bei Nacht (Anm. d. Ü.)

Am 16. Mai kamen Soldaten der XVII. Brigade der Armee auf die öffentliche Straße, die von San José nach Apartadó führt, und einer der Uniformierten versuchte, in Begleitung anderer Uniformierter die Kakaosammelstelle in San Josecito zu betreten. Sie sagten, sie hätten den Befehl, die Tiefbauarbeiten an der Straße zu inspizieren und die Baumaschinen zu bewachen.

 Ein Großteil des Blogeintrags berichtet – was wir hier zusammenfassen – von einem Anruf, den Diego Ceballos am 16. Mai erhielt. Ceballos ist der Ehemann bzw. Bruder von Nallely und Edison, die im März von unbekannten Tätern ermordet wurden. Der Anruf sei von einer angeblichen Mitarbeiterin der Staatsanwaltschaft gekommen, die Diego aufgefordert habe, vor Gericht zu erscheinen, weil neue Zeugenaussagen vorlägen, die bewiesen, dass Diego seine Frau und seinen Bruder getötet habe. Der Blog weist zunächst darauf hin, dass die Staatsanwaltschaft nicht per Handy-Anruf vorlädt und führt dann aus, dass die Anschuldigung, Diego habe seine Frau aus Eifersucht getötet, schon im März lanciert worden sei, obwohl nie zu bestreiten gewesen sei, dass Diego zum Zeitpunkt der Tat seinen Vater ins Krankenhaus von Apartadó begleitet habe.  (Amm. d. Ü.)

Der Wunsch, unser Lebensprojekt auszulöschen, kennt keine Grenzen. Sie bedrohen uns, sie zerstören unsere Ernten, unsere Zäune und Tore, sie sagen uns, dass wir drei Möglichkeiten haben: in die Knie gehen, ins Gefängnis gehen oder getötet werden. Wir werden uns immer für das Leben entscheiden und werden uns niemals weigern, das Leben zu schützen.

Comunidad de Paz de San José de Apartado, 18.Mai 2024

Extremer Rückgriff auf den Paramilitarismus

In den 27 Jahren des Bestehens unserer Friedensgemeinschaft von San José de Apartadó hatten wir es vor allem mit den Institutionen des kolumbianischen Staates zu tun, den paramilitärischen Strukturen, die als bewaffnete Gruppen von Zivilisten agieren und die die volle Unterstützung, Duldung und Toleranz des Staates und der politischen Eliten, die ihn tragen, genießen. Sie sind die schlimmsten Täter, denn sie genießen absolute Straffreiheit für all ihre Verbrechen.

Dieser Paramilitarismus hat verschiedene Namen angenommen, im Laufe des 21. Jahrhunderts nahm er unter anderem das Akronym „Autodefensas Gaitanistas de Colombia – AGC“ an, ein Akronym, das mit denen von „Clan del Golfo“, „Los Úsuga“ oder „Los Urabeños“ austauschbar ist. In einem Kommuniqué vom 30. März 2024 kündigten sie eine Namensänderung in „Ejército Gaitanista de Colombia“ an. Der Text dieses Kommuniqués könnte nicht verlogener sein, in dem Versuch, dem Land und der Welt ein tödliches Gift unter dem Etikett eines gesunden Heilmittels zu verkaufen.

Das Kommuniqué beginnt mit einer Einschätzung ihrer Größe, indem es sich auf Statistiken über ihre „Demobilisierung“ stützt, die zwischen 2003 und 2006 veröffentlicht wurden und sich auf mehr als 30.000 Personen beziehen.

Die einigermaßen informierten Menschen in Kolumbien wissen, dass all dies nachweislich falsch war; dass der ehemalige Friedenskommissar von Präsident Uribe, Luis Carlos Restrepo, wegen dieser Anhäufung von Täuschungen immer noch auf der Flucht vor der Justiz ist; dass viele Jugendliche und Kinder aus den Armenvierteln für die „Demobilisierung“ rekrutiert wurden, ohne jemals Paramilitärs gewesen zu sein, sondern gezwungen wurden, einen hohen Prozentsatz des Honorars, das sie von der Regierung für ihre falsche Demobilisierung erhielten, an einige wenige Anführer der sogenannten „Selbstverteidigungsgruppen“ weiterzugeben, und zwar inmitten riesiger Erpressungsszenarien. Das vom ehemaligen Präsidenten Uribe entworfene Gesetz 782 diente dazu, zu verhindern, dass die Paramilitärs vor Gericht gestellt wurden, da die nationale Staatsanwaltschaft ihre „Decknamen“ nicht registrieren ließ, die einzige Identität, unter der sie sich in ihrer illegalen Militanz zu erkennen gaben, und so konnten sie direkt von ihren kriminellen Praktiken zu den pseudo-legalen Strukturen übergehen, die Uribe für sie vorbereitet hatte, um in eine neue, nach seinen Worten „legale“ Phase des Paramilitarismus einzutreten: Die Netzwerke von Informanten und Mitarbeitern, die geschützten Unternehmen zur Aneignung von Land, wie Palmenplantagen, Kokaplantagen und viele andere, wo sie wiederum fälschlich legalisierte Waffen einsetzten.

Ausgehend von der Kontinuität sozialer Konflikte, unerfüllter Versprechen und offizieller Lügen versucht das Kommuniqué, sein bewaffnetes Fortbestehen und seine militärische Legitimation zu rechtfertigen, indem es sich auf schmutzigste Weise des Gedenkens an den tief verwurzelten sozialen Volksführer Jorge Eliécer Gaitán (weitere Informationen siehe Wikipedia-Eintrag zu Jorge Eliécer Gaitán, d. Ü.) bedient. Und das Schlimmste ist, dass sie vorgeben, Gaitáns Ruf „nach der moralischen Wiederherstellung der Republik“ aufzugreifen. Dass ein solcher Slogan von so hoher moralischer Bedeutung in die Hände einer solch kriminellen Gruppe fällt, ist ein Vergehen, das keinen Namen hat, weil es alle Schandtaten übertrifft. In der Definition ihrer jüngsten Etappe wagen sie es, sich als „eine Armee, die für die soziale Rechtfertigung und die Würde unseres Volkes kämpft“ zu präsentieren. Sie wollen als Kämpfer für die unterdrückten Klassen auftreten, die sich angeblich „gegen die Verfolgung und Ausrottung all derer, die seit der Ermordung von Jorge Eliécer Gaitán an die Versprechen des Friedens geglaubt haben, auflehnen“.

Aber diejenigen von uns, die ihre Anwesenheit in den Lagern erlebt haben, können sie nur mit denen gleichsetzen, die die Armen und Unangepassten verfolgen und ausrotten.

Das Kommuniqué versucht schließlich, ihre Identität als Paramilitärs oder Neo-Paramilitärs zu verwischen. Es fehlt aber an stichhaltigen Argumenten. Ihre Geschichte ist eindeutig von allen Merkmalen des Paramilitarismus geprägt, und es ist müßig, einige Festnahmen oder Auslieferungen zu zitieren, die von den letzten Regierungen beschlossen wurden, um zu beweisen, dass sie nicht immer im Einklang mit den Repressionsorganen des Staates und des Establishments gehandelt haben.

In der Region Urabá, herrschen sie heute ohne jegliche Opposition und unterwerfen die Bevölkerung. Sie sind bewaffnet und können sich das leisten, weil sie über gewaltigste Arsenale des Drogenhandels verfügen. Durch den finanzstarken Erlös aus dem Drogenhandel können sie auch Beamte, Sicherheitskräfte, demobilisierte Kämpfer, Führer von Gemeinschaftsaktionen und ungeschulte Informanten bestechen. Keinesfalls kann man akzeptieren, dass sie behaupten, eine Kraft zu sein, die für die unterdrückten Klassen kämpft. Ihre wirtschaftliche, politische und militärische Macht erlaubt es ihnen, ihr Territorium unter dem Terror ihrer Interessen zu kontrollieren, bis hin zum Vergießen des Blutes derjenigen, die ihren Befehlen nicht gehorchen, wie wir es gerade in unserer Friedensgemeinde auf dramatische Weise erlebt haben.

Seit der drastischen Kritik der internationalen Gemeinschaft an den staatlichen Kräften haben sie aufgehört, diese bei ihren kriminellen Patrouillen am helllichten Tag zu begleiten, aber die Zusammenarbeit hat sich nicht geändert, zumal ihre Verbrechen ja weiterhin straffrei bleiben. Daher halten sie, jetzt als EGC, die Kontrolle dort aufrecht, wo sie die abartigste Sklaverei gegen die bäuerliche Bevölkerung ausüben, in den Diensten eines viehzüchterischen Raubbaus gemäß anti-agrarischen und anti-ökologischen Wirtschaftsmodellen.

Am Montag, 11. März 2024, fand im Büro des Bürgermeisters von Apartadó eine Sitzung statt, zu der einige Institutionen und Gemeindevorstände des Dorfes San José de Apartadó geladen waren. Eines der kontroversen Themen war eine Straße zu bauen, die wir aber aus fundamentalen Gründen wiederholt abgelehnt haben: Es droht, eine ökologische Zone von großem Wert umzuwandeln und zu zerstören; es hat sich nicht auf eine demokratische Planung gestützt und alle Verfahren umgangen, die in den Gesetzen für die Genehmigung solcher Arbeiten vorgesehen sind; seine Förderer kündigen an, es mit allen Mitteln durchzusetzen und auch Maschinen einsetzen werden, die Raubbau an der Natur betreiben. Es soll in den Dienst von ausländischen Kapitaleignern gestellt werden, die auf ein anti-agrarisches, anti-ökologisches, anti-gemeinschaftliches und anti-nationales Entwicklungsmodell bauen. Einige der Reden, die auf dieser Sitzung des Bürgermeisteramtes gehalten wurden, bestätigen unsere Befürchtungen. (Im Folgenden werden einige Redner mit ihren Aussagen zitiert. D.Ü.)

Bei einer gerichtlichen Auseinandersetzung unter dem Richter Luis Guillermo Guerrero, ging es um die Konfrontation zwischen dem Recht auf Ehre und dem Recht auf freie Meinungsäußerung. Dabei wurde ein offensichtlicher Widerspruch klar und es wurde die Wichtigkeit des Rechts auf militärische Ehre hervorgehoben. Nach vielen, auch internationalen Kontroversen, stellten dieselben Richter des Gerichtshofs, der im Dezember 2020 verhandelt hatte, eine Nichtigkeitserklärung aus. Die Konfrontation zwischen den Richtern und die Anzahl der Dokumente von Juristen und internationalen Organisationen, die sich für die Friedensgemeinschaft aussprachen, hinderten den Gerichtshof jedoch daran, das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Anprangerung der Friedensgemeinschaft in irgendeiner Weise einzuschränken. (…)

Das überzeugendste Argument lieferte der Richter Jorge Enrique Ibañez Najar, der als erster Berichterstatter des Verfassungsgerichts die Legitimität der Tutela (Vormundschaft, d. Ü.) des Militärs zurückgewiesen hatte, indem er aufzeigte, dass für die Beantragung des Schutzes des Rechts auf Ehre ein untadeliges Verhalten erforderlich ist, was die Brigada XVII nicht aufweist.

Am Donnerstag, 18. März 2024, hat Präsident Gustavo Petro öffentlich auf die Notwendigkeit hingewiesen, dass unsere Friedensgemeinschaft einen Akt der Vergebung für alle von staatlichen Institutionen begangenen Gräueltaten erhält und unsere Opfer mit Denkmälern zu ihrem Gedenken geehrt werden. Unsere Gemeinschaft meint, dass eine solche Anerkennung notwendig ist, dass sie aber von Maßnahmen begleitet werden muss, die unseren Fortbestand als Friedensgemeinschaft in dem Gebiet garantieren, denn im Moment wird sie von Prozessen bedrängt, die darauf abzielen, sie von dem Land zu enteignen, das sie im Laufe der Jahrzehnte rechtmäßig und legal erworben hat, und von kriminellen Strukturen, die weiterhin darauf bestehen, das Leben unserer Mitglieder zu zerstören, indem sie dafür sorgen, dass diese Verbrechen in vollem Umfang straffrei bleiben

(Im weiteren Verlauf des Blogs, werden wieder die typischen Störungen des Ablaufs durch die Paramilitärs oder ihnen nahestehende Leute beschrieben, dabei geht es um unerlaubtes Betreten des Gebiets bis hin zu Erpressung und Androhung von Tod. D. Ü.)

Am Donnerstag, 18. April 2024, wurde in den Morgenstunden der leblose Körper eines jungen Mannes in der Nähe der Straße gefunden, die von Apartado nach San José de Apartadó führt, in der Nähe des Dorfes La Balsa, in der Nähe des Dorfes San José de Apartadó.

Wir danken noch einmal allen Menschen und Gemeinschaften, die uns aus den verschiedensten Regionen des Landes und der Welt in diesen Monaten intensiven Schmerzes und Leidens geistig begleitet haben, Die große Zahl unserer Märtyrer hat sich wieder einmal vergrößert. Trotz aller konzentrierten und koordinierten Aggressionen, die sich zeitweise gegen unseren Prozess richten, bleiben wir unseren Prinzipien und Werten treu.

Comunidad de Paz San José de Apartadó, April 2024