Man versucht uns mit aller Macht auszurotten

In einer Welt der Gemeinheit und Unterdrückung verdienen wir es vielleicht nicht zu leben, denn es gibt keinen Platz für die Schwachen, die eine gerechtere und menschlichere Welt mit gewaltfreien Mitteln aufbauen wollen.

Mit größter Konzentration versucht man die einzige Möglichkeit zu vernichten, die sich nicht der Erpressung oder den perversesten Lügenkampagnen beugt. Diese Haltung hat bereits zu den schlimmsten Gräueltaten geführt, die in diesen langen 27 Jahren der Gemeinschaft erlebt und erlitten wurden.

Unsere moralischen und ethischen Überzeugungen als universelle Lebensprinzipien werden uns jedoch niemals zurückweichen, geschweige denn aufgeben lassen. Aus diesem Grund und angesichts unserer moralischen Verantwortung wenden wir uns erneut an die Menschheit und die Geschichte, damit diese neuen Fakten eines Tages beurteilt werden können.

Am Donnerstag, 3. Mai 2024, wurden wie in den Tagen zuvor auch schon in San Josecito landwirtschaftliche Maschinen, die zur Lebensmittelverarbeitung verwendet worden waren, gestohlen.

Am Dienstag, 7. Mai 2024, wurde auf einem Gemeindegrundstück in der Ortschaft La Esperanza ein totes Rind mit Verletzungen durch eine Machete und ein noch lebendes Rind mit Verletzungen an der Hüfte gefunden.

Es gab Morddrohungen einem Mitglied unserer Gemeinde gegenüber und auch gegen den gesetzlichen Vertreter der Friedensgemeinschaft, German Graciano.

Des Weiteren gab es wieder Eingriffe in ein geregeltes Alltagsleben durch unnötige Kontrollen und damit verbunden Feststellung der Personalien, Kontrollen, Ausspionieren auf dem Gebiet der Friedensgemeinde bei Nacht (Anm. d. Ü.)

Am 16. Mai kamen Soldaten der XVII. Brigade der Armee auf die öffentliche Straße, die von San José nach Apartadó führt, und einer der Uniformierten versuchte, in Begleitung anderer Uniformierter die Kakaosammelstelle in San Josecito zu betreten. Sie sagten, sie hätten den Befehl, die Tiefbauarbeiten an der Straße zu inspizieren und die Baumaschinen zu bewachen.

 Ein Großteil des Blogeintrags berichtet – was wir hier zusammenfassen – von einem Anruf, den Diego Ceballos am 16. Mai erhielt. Ceballos ist der Ehemann bzw. Bruder von Nallely und Edison, die im März von unbekannten Tätern ermordet wurden. Der Anruf sei von einer angeblichen Mitarbeiterin der Staatsanwaltschaft gekommen, die Diego aufgefordert habe, vor Gericht zu erscheinen, weil neue Zeugenaussagen vorlägen, die bewiesen, dass Diego seine Frau und seinen Bruder getötet habe. Der Blog weist zunächst darauf hin, dass die Staatsanwaltschaft nicht per Handy-Anruf vorlädt und führt dann aus, dass die Anschuldigung, Diego habe seine Frau aus Eifersucht getötet, schon im März lanciert worden sei, obwohl nie zu bestreiten gewesen sei, dass Diego zum Zeitpunkt der Tat seinen Vater ins Krankenhaus von Apartadó begleitet habe.  (Amm. d. Ü.)

Der Wunsch, unser Lebensprojekt auszulöschen, kennt keine Grenzen. Sie bedrohen uns, sie zerstören unsere Ernten, unsere Zäune und Tore, sie sagen uns, dass wir drei Möglichkeiten haben: in die Knie gehen, ins Gefängnis gehen oder getötet werden. Wir werden uns immer für das Leben entscheiden und werden uns niemals weigern, das Leben zu schützen.

Comunidad de Paz de San José de Apartado, 18.Mai 2024

Extremer Rückgriff auf den Paramilitarismus

In den 27 Jahren des Bestehens unserer Friedensgemeinschaft von San José de Apartadó hatten wir es vor allem mit den Institutionen des kolumbianischen Staates zu tun, den paramilitärischen Strukturen, die als bewaffnete Gruppen von Zivilisten agieren und die die volle Unterstützung, Duldung und Toleranz des Staates und der politischen Eliten, die ihn tragen, genießen. Sie sind die schlimmsten Täter, denn sie genießen absolute Straffreiheit für all ihre Verbrechen.

Dieser Paramilitarismus hat verschiedene Namen angenommen, im Laufe des 21. Jahrhunderts nahm er unter anderem das Akronym „Autodefensas Gaitanistas de Colombia – AGC“ an, ein Akronym, das mit denen von „Clan del Golfo“, „Los Úsuga“ oder „Los Urabeños“ austauschbar ist. In einem Kommuniqué vom 30. März 2024 kündigten sie eine Namensänderung in „Ejército Gaitanista de Colombia“ an. Der Text dieses Kommuniqués könnte nicht verlogener sein, in dem Versuch, dem Land und der Welt ein tödliches Gift unter dem Etikett eines gesunden Heilmittels zu verkaufen.

Das Kommuniqué beginnt mit einer Einschätzung ihrer Größe, indem es sich auf Statistiken über ihre „Demobilisierung“ stützt, die zwischen 2003 und 2006 veröffentlicht wurden und sich auf mehr als 30.000 Personen beziehen.

Die einigermaßen informierten Menschen in Kolumbien wissen, dass all dies nachweislich falsch war; dass der ehemalige Friedenskommissar von Präsident Uribe, Luis Carlos Restrepo, wegen dieser Anhäufung von Täuschungen immer noch auf der Flucht vor der Justiz ist; dass viele Jugendliche und Kinder aus den Armenvierteln für die „Demobilisierung“ rekrutiert wurden, ohne jemals Paramilitärs gewesen zu sein, sondern gezwungen wurden, einen hohen Prozentsatz des Honorars, das sie von der Regierung für ihre falsche Demobilisierung erhielten, an einige wenige Anführer der sogenannten „Selbstverteidigungsgruppen“ weiterzugeben, und zwar inmitten riesiger Erpressungsszenarien. Das vom ehemaligen Präsidenten Uribe entworfene Gesetz 782 diente dazu, zu verhindern, dass die Paramilitärs vor Gericht gestellt wurden, da die nationale Staatsanwaltschaft ihre „Decknamen“ nicht registrieren ließ, die einzige Identität, unter der sie sich in ihrer illegalen Militanz zu erkennen gaben, und so konnten sie direkt von ihren kriminellen Praktiken zu den pseudo-legalen Strukturen übergehen, die Uribe für sie vorbereitet hatte, um in eine neue, nach seinen Worten „legale“ Phase des Paramilitarismus einzutreten: Die Netzwerke von Informanten und Mitarbeitern, die geschützten Unternehmen zur Aneignung von Land, wie Palmenplantagen, Kokaplantagen und viele andere, wo sie wiederum fälschlich legalisierte Waffen einsetzten.

Ausgehend von der Kontinuität sozialer Konflikte, unerfüllter Versprechen und offizieller Lügen versucht das Kommuniqué, sein bewaffnetes Fortbestehen und seine militärische Legitimation zu rechtfertigen, indem es sich auf schmutzigste Weise des Gedenkens an den tief verwurzelten sozialen Volksführer Jorge Eliécer Gaitán (weitere Informationen siehe Wikipedia-Eintrag zu Jorge Eliécer Gaitán, d. Ü.) bedient. Und das Schlimmste ist, dass sie vorgeben, Gaitáns Ruf „nach der moralischen Wiederherstellung der Republik“ aufzugreifen. Dass ein solcher Slogan von so hoher moralischer Bedeutung in die Hände einer solch kriminellen Gruppe fällt, ist ein Vergehen, das keinen Namen hat, weil es alle Schandtaten übertrifft. In der Definition ihrer jüngsten Etappe wagen sie es, sich als „eine Armee, die für die soziale Rechtfertigung und die Würde unseres Volkes kämpft“ zu präsentieren. Sie wollen als Kämpfer für die unterdrückten Klassen auftreten, die sich angeblich „gegen die Verfolgung und Ausrottung all derer, die seit der Ermordung von Jorge Eliécer Gaitán an die Versprechen des Friedens geglaubt haben, auflehnen“.

Aber diejenigen von uns, die ihre Anwesenheit in den Lagern erlebt haben, können sie nur mit denen gleichsetzen, die die Armen und Unangepassten verfolgen und ausrotten.

Das Kommuniqué versucht schließlich, ihre Identität als Paramilitärs oder Neo-Paramilitärs zu verwischen. Es fehlt aber an stichhaltigen Argumenten. Ihre Geschichte ist eindeutig von allen Merkmalen des Paramilitarismus geprägt, und es ist müßig, einige Festnahmen oder Auslieferungen zu zitieren, die von den letzten Regierungen beschlossen wurden, um zu beweisen, dass sie nicht immer im Einklang mit den Repressionsorganen des Staates und des Establishments gehandelt haben.

In der Region Urabá, herrschen sie heute ohne jegliche Opposition und unterwerfen die Bevölkerung. Sie sind bewaffnet und können sich das leisten, weil sie über gewaltigste Arsenale des Drogenhandels verfügen. Durch den finanzstarken Erlös aus dem Drogenhandel können sie auch Beamte, Sicherheitskräfte, demobilisierte Kämpfer, Führer von Gemeinschaftsaktionen und ungeschulte Informanten bestechen. Keinesfalls kann man akzeptieren, dass sie behaupten, eine Kraft zu sein, die für die unterdrückten Klassen kämpft. Ihre wirtschaftliche, politische und militärische Macht erlaubt es ihnen, ihr Territorium unter dem Terror ihrer Interessen zu kontrollieren, bis hin zum Vergießen des Blutes derjenigen, die ihren Befehlen nicht gehorchen, wie wir es gerade in unserer Friedensgemeinde auf dramatische Weise erlebt haben.

Seit der drastischen Kritik der internationalen Gemeinschaft an den staatlichen Kräften haben sie aufgehört, diese bei ihren kriminellen Patrouillen am helllichten Tag zu begleiten, aber die Zusammenarbeit hat sich nicht geändert, zumal ihre Verbrechen ja weiterhin straffrei bleiben. Daher halten sie, jetzt als EGC, die Kontrolle dort aufrecht, wo sie die abartigste Sklaverei gegen die bäuerliche Bevölkerung ausüben, in den Diensten eines viehzüchterischen Raubbaus gemäß anti-agrarischen und anti-ökologischen Wirtschaftsmodellen.

Am Montag, 11. März 2024, fand im Büro des Bürgermeisters von Apartadó eine Sitzung statt, zu der einige Institutionen und Gemeindevorstände des Dorfes San José de Apartadó geladen waren. Eines der kontroversen Themen war eine Straße zu bauen, die wir aber aus fundamentalen Gründen wiederholt abgelehnt haben: Es droht, eine ökologische Zone von großem Wert umzuwandeln und zu zerstören; es hat sich nicht auf eine demokratische Planung gestützt und alle Verfahren umgangen, die in den Gesetzen für die Genehmigung solcher Arbeiten vorgesehen sind; seine Förderer kündigen an, es mit allen Mitteln durchzusetzen und auch Maschinen einsetzen werden, die Raubbau an der Natur betreiben. Es soll in den Dienst von ausländischen Kapitaleignern gestellt werden, die auf ein anti-agrarisches, anti-ökologisches, anti-gemeinschaftliches und anti-nationales Entwicklungsmodell bauen. Einige der Reden, die auf dieser Sitzung des Bürgermeisteramtes gehalten wurden, bestätigen unsere Befürchtungen. (Im Folgenden werden einige Redner mit ihren Aussagen zitiert. D.Ü.)

Bei einer gerichtlichen Auseinandersetzung unter dem Richter Luis Guillermo Guerrero, ging es um die Konfrontation zwischen dem Recht auf Ehre und dem Recht auf freie Meinungsäußerung. Dabei wurde ein offensichtlicher Widerspruch klar und es wurde die Wichtigkeit des Rechts auf militärische Ehre hervorgehoben. Nach vielen, auch internationalen Kontroversen, stellten dieselben Richter des Gerichtshofs, der im Dezember 2020 verhandelt hatte, eine Nichtigkeitserklärung aus. Die Konfrontation zwischen den Richtern und die Anzahl der Dokumente von Juristen und internationalen Organisationen, die sich für die Friedensgemeinschaft aussprachen, hinderten den Gerichtshof jedoch daran, das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Anprangerung der Friedensgemeinschaft in irgendeiner Weise einzuschränken. (…)

Das überzeugendste Argument lieferte der Richter Jorge Enrique Ibañez Najar, der als erster Berichterstatter des Verfassungsgerichts die Legitimität der Tutela (Vormundschaft, d. Ü.) des Militärs zurückgewiesen hatte, indem er aufzeigte, dass für die Beantragung des Schutzes des Rechts auf Ehre ein untadeliges Verhalten erforderlich ist, was die Brigada XVII nicht aufweist.

Am Donnerstag, 18. März 2024, hat Präsident Gustavo Petro öffentlich auf die Notwendigkeit hingewiesen, dass unsere Friedensgemeinschaft einen Akt der Vergebung für alle von staatlichen Institutionen begangenen Gräueltaten erhält und unsere Opfer mit Denkmälern zu ihrem Gedenken geehrt werden. Unsere Gemeinschaft meint, dass eine solche Anerkennung notwendig ist, dass sie aber von Maßnahmen begleitet werden muss, die unseren Fortbestand als Friedensgemeinschaft in dem Gebiet garantieren, denn im Moment wird sie von Prozessen bedrängt, die darauf abzielen, sie von dem Land zu enteignen, das sie im Laufe der Jahrzehnte rechtmäßig und legal erworben hat, und von kriminellen Strukturen, die weiterhin darauf bestehen, das Leben unserer Mitglieder zu zerstören, indem sie dafür sorgen, dass diese Verbrechen in vollem Umfang straffrei bleiben

(Im weiteren Verlauf des Blogs, werden wieder die typischen Störungen des Ablaufs durch die Paramilitärs oder ihnen nahestehende Leute beschrieben, dabei geht es um unerlaubtes Betreten des Gebiets bis hin zu Erpressung und Androhung von Tod. D. Ü.)

Am Donnerstag, 18. April 2024, wurde in den Morgenstunden der leblose Körper eines jungen Mannes in der Nähe der Straße gefunden, die von Apartado nach San José de Apartadó führt, in der Nähe des Dorfes La Balsa, in der Nähe des Dorfes San José de Apartadó.

Wir danken noch einmal allen Menschen und Gemeinschaften, die uns aus den verschiedensten Regionen des Landes und der Welt in diesen Monaten intensiven Schmerzes und Leidens geistig begleitet haben, Die große Zahl unserer Märtyrer hat sich wieder einmal vergrößert. Trotz aller konzentrierten und koordinierten Aggressionen, die sich zeitweise gegen unseren Prozess richten, bleiben wir unseren Prinzipien und Werten treu.

Comunidad de Paz San José de Apartadó, April 2024

„Frieden in Kolumbien“, ein Slogan für das Ausland ‒ und dabei geht das Blutvergießen immer weiter

Wir, die Friedensgemeinde von San José de Apartadó, erheben erneut unsere Stimme, um auf die dauernde Bedrohung für die Bevölkerung unseres Umfelds und für uns selbst aufmerksam zu machen.

In den Tagen nach dem Verbrechen (der Mord an zwei Angehörigen der Friedensgemeinde, siehe weiter unten, Anm. d. Ü.)  kursierten Audios, in denen die Angreifer ihren Willen zum Ausdruck brachten, ihre Absichten auf dem Gebiet von Las Delicias mit Gewalt durchzusetzen. Einer von ihnen war Erien Tuberquia, Mitglied der Junta Comunal von La Esperanza (die Juntas der Acción Comunal sind in der kolumbianischen Verfassung verankerte Mitwirkungsgremien auf lokaler Ebene, die in der Praxis allerdings oft von den örtlichen Machthabern gekapert wurden und deren Interessen vertreten, Anm. d. Ü.). Er erklärte:

„Leute, ich habe euch von Anfang an gesagt, als wir uns zur Gegenwehr entschieden, ich weiß nicht, wie viele bereit sind, ins Gefängnis zu gehen, wie viele bereit sind, bis zum Ende zu kämpfen. Wenn wir uns den Gegebenheiten stellen wollen, damit die nationale Regierung auf uns hört, nun, Freunde, dann müssen wir leider Blut vergießen (…) wenn die anderen Dörfer sich nicht darum scheren, dann lasst uns kämpfen, um sie dorthin zu bringen, mit Blut und Feuer, wie sie dort sagen. Aber dann sagen uns alle: Lasst uns nichts tun, lasst uns nichts tun, lasst uns nichts tun und wir tun nichts. Das ist doch ganz einfach, Leute, nur wenn wir aufs Ganze gehen, wird die Regierung möglicherweise mit uns reden.“

Ein anderes Mitglied der Junta von La Esperanza, Benjamín Higuita, sagte:

„Wir haben Kettensägen und wir haben Personal, und wenn wir uns heute auf das stürzen, was getan werden muss (…), raus mit der Friedensgemeinde, raus mit der Friedensgemeinde, wir wollen sie nicht hier haben, wir wollen sie nicht, das ganze Dorf La Esperanza sagt; raus mit der Friedensgemeinde, raus“.

Fredy Sánchez ist ebenfalls Mitglied der Junta von La Unión und außerdem „firmante de paz“ (Anm. d. Ü.: wörtlich: Friedensunterzeichner; gemeint sind frühere Angehörige der Guerrilla, die sich dem 2016 geschlossenen Friedensvertrag zwischen der Regierung und der Guerrilla-Gruppe FARC angeschlossen haben. Unter welchem Druck sie oft stehen, beweist der Umstand, dass seit 2016 rund 400 dieser firmantes de paz umgebracht worden sind, so eine Pressemitteilung des kolumbianischen Senats. Der erwähnte Fredy Sánchez hat sich dem Druck offenbar gebeugt, indem er für die Feinde der Friedensgemeinde Partei ergreift.)  Er sagte:

„Diese Bastarde geben mir nichts, es ist mir egal, wenn sie nicht mit mir reden, ich sage, lasst uns zu einem Ende kommen hp (Das Kürzel im Text steht für „hijos de puta“, Hurensöhne, wird aber auch im Sinne von ‚verdammt‘ oder einem ähnlichen Schimpfwort verwendet, Anm. d. Ü.) und wenn wir wütend werden, (…) (hier folgen emotionale Äußerungen Anm. d. Ü.) (…) lasst uns aggressiv werden und wir werden sehen, wie weit wir kommen (…) das kann dazu führen, dass es sogar Tote gibt“. (Der Post enthält noch zwei weitere Wortmeldungen ähnlich bedrohlichen und ähnlich vulgären Inhalts, Anm. d. Ü.).

Am Dienstag, 19. März, (im Blog wurde dieser Tag aus verständlichen Gründen vorgezogen, ist also absichtlich nicht chronologisch, Anm. d. Ü.)  wurden gegen Mittag zwei Mitglieder unserer Friedensgemeinde, Nalleli Sepúlveda, 30 und Edinson David, 14, auf der Farm Las Delicias im Dorf La Esperanza ermordet. Nalleli war die Koordinatorin für Humanitäre Angelegenheiten (wörtlich espacio humanitario, Anm. d. Ü.) zusammen mit ihrem Partner Diego Ceballos. Edinson ist der Bruder von Diego und Mitglied des Teams, das für die Farm verantwortlich ist. Dieses Verbrechen ist der bisherige Höhepunkt eines ganzen Prozesses von zunehmend gewalttätigen Drohungen und Aggressionen, die bereits in unseren früheren Berichten angeprangert wurden.  Mit diesem Verbrechen erhöht sich erneut die Zahl der Morde an Mitgliedern unserer Friedensgemeinde. Wir haben bereits mehrere Hundert anzeigen müssen, ebenso über 1500 Vorfälle, die als Verbrechen gegen die Menschlichkeit eingestuft wuren und die vor verschiedene internationale Gerichte gebracht wurden.

Kaum war der Mord an Nalleli und Edinson begangen, beeilten sich die staatlichen Institutionen, die Straffreiheit vorzubereiten. Zunächst wurden keine Ermittlungen aufgenommen ‒ erst neun Tage später begaben sich die Kriminaltechniker auf die Farm, um „Beweise zu sichern“ ‒ widersinnig, weil in der Zwischenzeit eventuelle Spuren hätten beseitigt werden können.

Gleichzeitig bedienten sich die Ermittlungsbehörden einer Friedensunterzeichnerin und ihrer Anschuldigungen, um ein kriminelles Komplott zu schmieden und ein „Verbrechen aus Leidenschaft“ zu fingieren, was nachträglich die Würde des Opfers besudelt.  Es wurde behauptet, dass weder Nalleli noch Edinson Mitglieder der Friedensgemeinschaft gewesen seien und dass Nallelis Mann sie beim Sex mit ihrem Schwager ertappt und deshalb beschlossen habe, sie zu töten. Der Versuch, den Mord als Verbrechen aus Leidenschaft darzustellen, scheitert schon deswegen, weil sich Nallelis Mann Diego zum Zeitpunkt der Tat um seinen Vater kümmerte, der in Apartadó im Krankenhaus lag. Wenn nicht einmal die elementarste Logik eines Komplotts die Täter entlastet, so trägt sie doch dazu bei, die enorme Perversität derjenigen zu enthüllen, die das Verbrechen geplant hatten.

(Anm. d. Ü.: Da die Friedensgemeinde seit Anfang des Jahres nichts gepostet hat, erwähnt sie im jetzigen Bericht eine Reihe von bedrohlichen Beobachtungen und Vorfällen, die zum Teil ein Vierteljahr zurückliegen und die wir hier zusammenfassen: Wie früher schon geht es um Paramilitärs, die in Camouflage-Uniform und mit Walkie-Talkies auf den Ländereien der Friedensgemeinde auftauchen, ähnlich wie reguläre Soldaten oder um Landvermesser der Unidad de Restitución de Tierras, einer Behörde, die im Konflikt illegal enteignetes Land identifizieren und restituieren soll und der die Friedensgemeinde misstrauisch gegenübersteht. Ferner um Versuche der Paras, Jugendliche auf ihre Seite zu ziehen, indem sie sie zu Marihuana-Konsum einladen. – Im März scheint der Druck auf die Friedensgemeinde und ihr Land jedoch plötzlich erheblich stärker geworden zu sein.)    

Am Donnerstag, 29. Februar, versuchte César Jaramillo, ein ehemaliger Beamter des Bürgermeisteramtes von Apartadó und des Kakaopflanzer-Verbandes Fedecacao, zusammen mit Leuten aus dem Dorf La Esperanza eine illegale Straße durch unsere Farm Las Delicias zu öffnen. Dazu beschädigten sie Tore und Zäune.

Am Samstag, 2. März, drangen Personen aus dem Dorf La Esperanza in unser Grundstück Las Delicias mit einem Fahrzeug ein. Sie durchschnitten und beschädigten die Drahtzäune. Wir wehren uns seit Langem gegen den Bau von Straßen, die durch unsere Grundstücke führen. Dafür haben wir viele Gründe, angefangen damit, dass sie keiner demokratischen Planung unterliegen, dass sie ferner anti-ökologischen, naturschädlichen Zwecken dienen, dass sie vom Paramilitarismus mit Unterstützung der Armee vorangetrieben werden und dass für die Vorhaben nicht einmal die elementarsten behördlichen Genehmigungen vorliegen.

Am Sonntag, 3. März, versuchte eine Gruppe von Personen unter der Führung von César Jaramillo und der Junta de Acción Comunal von La Esperanza, unsere Zäune und Tore auf unserem Privatgrundstück zu zerstören. Bei ihrem Versuch beschimpften sie unsere Gemeinde mit allen möglichen Beleidigungen und Verleumdungen, und sie kündigten an, dass sie ihr Vorhaben am nächsten Tag durchführen würden. Es folgten verbale und psychologische Aktionen und Aggressionen gegen unsere Gemeinde, während wir schwiegen.

Am Montag, 4. März, drangen eine nicht identifizierte Person und Mitglieder der Junta de Acción Comunal des Dorfes La Esperanza mit Motorrädern auf unser Privatgrundstück Las Delicias vor und schauten sich um, ohne sich auszuweisen.

Am gleichen Tag besuchten Vertreter der Defensoría del Pueblo (eine hoch angesiedelte Ombudsmann-Behörde auf nationaler Ebene, Anm. d. Ü.), des Bürgermeisters von Apartadó und weitere Beamte der nationalen Regierung das Dorf La Esperanza, um die Übergriffe gegen unsere Gemeinde zu stoppen. Trotzdem hat die Junta Comunal weiterhin unseren Grundbesitz unbefugt betreten und verletzt und erneut Tore zerstört, die nach fünf Tagen Gemeinschaftsarbeit wieder installiert wurden. Unsere Friedensgemeinde reagiert auf solche Gewalt niemals mit gewalttätigen Aktionen, und sie zeigt solche Vorfälle nie den staatlichen Institutionen an, weil die sowieso nie einem anderen Zweck gedient haben als dem, bestimmte politische Interessen zu begünstigen. Unsere Gemeinde hat jedes zerstörte Tor und jeden Zaun mühsam wieder aufgebaut.

Am Mittwoch, 6. März, betraten die Junta de Acción Comunal und die Vereinigte Pfingstkirche von Kolumbien des Dorfes La Esperanza unter Führung von César Jaramillo und anderen obskuren Kräften unseren Besitz „Las Delicias“, zerstörten unsere Tore, schnitten den Draht unserer Koppeln durch und ignorierten unsere Anweisung, keine Fahrzeuge durch unser Grundstück fahren zu lassen. Dies war das fünfte Mal in dieser Woche, dass wir Aggressionen auf unserem Grundstück ertragen mussten. Wir stellen klar, dass wir den Reitweg, der durch unseren Hof führt, nie blockiert haben, im Gegenteil, wir halten die Tore offen, die schon immer bestanden haben, um den freien Durchgang der Menschen und ihrer Tiere mit den Produkten des Feldes zu gewährleisten.

Wir sind nicht verantwortlich für irgendeine Art von Zwangsumsiedlung in der Zukunft, denn wir haben zu keinem Zeitpunkt jemanden dazu genötigt, wie unsere Gegner in den Medien und sozialen Netzwerken behauptet haben. Die Menschen bewegen sich ganz normal, sei es auf Motorrädern oder auf Pferden, ohne dass sie behindert werden (…). Wir erklären öffentlich, dass wir gegen die Durchfahrt von Fahrzeugen durch unsere Privatgrundstücke auf illegalen Wegen und gegen den Bau von Straßen sind, deren Bau sich den legalen und demokratischen Verfahren entziehen. (…)

Im Laufe der Zeit haben wir festgestellt, dass sich rund um die Junta de Acción Comunal des Dorfes La Esperanza, im Bündnis mit César Jaramillo und der 17. Heeresbrigade, eine Bewegung gebildet hat, die darauf hinarbeitet, dass wir als Friedensgemeinde verschwinden. Dabei geht es um Projekte, die zwar mit den Etiketten „Fortschritt“ und „Entwicklung“ versehen sind, aber in Wahrheit andere Ziele verfolgen. Dies führt uns zu der Annahme, dass dieses Bündnis dafür verantwortlich wäre, wenn einem Mitglied unserer Gemeinde etwas zustößt. (…)

Am Mittwoch, 6. März, verleumdete César Jaramillo in den sozialen Netzwerken die Friedensgemeinde und die Bauernvereinigung von San José de Apartadó ACASA schwer. Ihm zufolge wurden beide von der Guerrilla gegründet. Es ist die gleiche Sprache wie die des ehemaligen Präsidenten Álvaro Uribe, der alle sozialen Organisationen verurteilte.

An selben Tag mussten wir einen neuen Angriff verzeichnen, bereits den sechsten auf Las Delicias. Am Nachmittag zerstörte und verbrannte die Junta de Acción Comunal des Dorfes La Esperanza in unserer Anwesenheit erneut unsere Tore. Die Aggressoren kamen mit Kettensägen, Knüppeln und Benzin. Während sie die Tore zerstörten und verbrannten, erklärten sie, sie seien „friedlich“ gekommen. Danach versuchte César Jaramillo über lokale Radiosender der Öffentlichkeit das verzerrte Bild zu verkaufen, das er in seinem Hass gegen unsere Gemeinschaft und gegen die ehemalige Bürgermeisterin Gloria Cuartas und ihren technischen Berater Carlos Montoya aufgebaut hat. Er hat uns als „republiqueta“ (Verunglimpfung von Freiheitskämpfern, ehemals Kämpfer im Freiheitskampf in Bolivien Anm. d. Ü.) dargestellt, dass wir die Gesetze nicht anerkennen, dass wir den Bauern den Durchgang durch unseren Besitz erschweren, dass wir diejenigen, die uns nicht unterstützen, als paramilitärisch betrachten, dass wir uns Land und Rechte der lokalen Gemeinschaften aneignen. (…)

Am Freitag, 8.März, kurz vor Mitternacht haben Gruppen von Vandalen der Junta de Acción Comunal des Dorfes La Esperanza unsere Zäune und Tore umgestoßen und gestohlen. Es handelt sich um typische paramilitärische Taten, und die Verantwortlichen wurden als Mitglieder der Junta Comunal de La Esperanza identifiziert:  Benjamín Higuita, Aníbal Higuita, Daney Tuberquia, Eufranio Graciano, Erien Tuberquia und andere sowie César Jaramillo. (…)

Am Montag, 11. März, gab es wieder Verleumdungen von der Junta de Acción Comunal von La Esperanza, die behauptete, dass unsere Gemeinde eine Person auf dem Bauernhof mit Steinen beworfen habe. Wir haben keine Stöcke, Kettensägen oder Steine geworfen. Laut Zeugenaussagen sind die Betroffenen vom Motorrad gestürzt, weil die Straße im Regen glitschig war. (…)

Am Mittwoch, 20. März, beschloss die Gemeinde im Dorf La Esperanza nach mehr als 24 Stunden Wartezeit auf die entsprechenden Behörden, die Leichen von Nelleli und Edinson in Hängematten mehr als fünf Stunden lang durch die Bergkette Abibe zu tragen. Das geschah inmitten eines heftigen Regengusses und steigender Fluten, bis wir die Stadt San José erreichten, wo die Leichen schließlich von der kriminaltechnischen Untersuchungsbehörde der Staatsanwaltschaft entgegengenommen wurden. (…)

Am Freitag, 22. März, erwiesen wir unserem Bruder und unserer Schwester, unseren Kameraden, die letzte Ehre, die durch die verbrecherischen Hände der Paramilitärs ermordet wurden, was offensichtlich von den Institutionen toleriert wird. Lebt wohl, Nalleli und Edinson. Sie werden immer in unserem Gedächtnis bleiben.

Am Montag, 25. März, verschickten die Paramilitärs auf verschiedenen Wegen neue Drohbotschaften, in denen sie ankündigten, dass es ihr Ziel sei, die Familien auszulöschen, die die humanitären Räume der Friedensgemeinde in den Dörfern La Resbalosa, Mulatos und La Esperanza koordinieren. Damit bringen sie zentrale Orte unserer Gemeinschaft in Gefahr, als ob sie andeuten wollten, dass wir sie aufgeben sollten.

Am Mittwoch, 27. März, reiste eine Kommission, die sich aus verschiedenen nationalen Regierungsinstitutionen zusammensetzte, nach La Esperanza, wo eine große Vertretung unserer Friedensgemeinde auf sie wartete. Die Mitglieder der Kommission wollten nicht nur die Einzelheiten des Verbrechens aus erster Hand hören, sondern auch den Kontext, den die Gemeinde vor der kolumbianischen Gesellschaft und internationalen Gerichten anprangert. (…)

Am nächsten Tag morgens um neun Uhr wurde eine humanitäre Kommission unserer Gemeinde mit internationaler Begleitung, die sich auf dem Weg von La Esperanza zum Dorf Mulatos befand, auf der Straße, wenige Minuten vom Weiler La Esperanza entfernt, von fünf Paramilitärs überrascht, von denen zwei Waffen trugen.

Wir danken noch einmal allen Menschen und Gemeinschaften im Land und in der Welt, die sich mit unserem Weg solidarisch gezeigt haben und die, besonders in solch schmerzhaften und tragischen Momenten wie jetzt, zahlreiche Wege gesucht haben, um an unserer Seite zu stehen.

Friedensgemeinde San José de Apartadó, 30. März 2024

Nichts ist überwunden – die Unterdrückung geht genauso weiter wie vorher

Wieder einmal erheben wir unsere Stimme, um auf die Ereignisse aufmerksam zu machen, die die Bevölkerung unseres Umfelds und unsere Friedensgemeinde dauerhaft bedrohen.

Es beginnt ein weiteres Jahr, von dem wir gehofft hatten, dass sich in ihm neue Wege zum Leben und zum Frieden auftun würden. Davon kann jedoch keine Rede sein. Der Bevölkerung wird gesagt, die alten Herrschaftsverhältnisse seien nun überwunden. (Gemeint ist die Politik des „totalen Friedens“, die der linke Präsident Gustavo Petro angekündigt hat, Anm. d. Ü.) Aber in den wenigen Tagen, die das neue Jahr alt ist, hat sich schon gezeigt, dass eigentlich alles so wie bisher weitergeht. Es sind dieselben wie vorher, die das Sagen haben, die die Bevölkerung kontrollieren, die ihr Regeln aufzwingen, die in die Gemeinden eindringen, die die Zivilbevölkerung zusammentreiben, die weiterhin drohen und morden. Und die kolumbianische Regierung ist angesichts all dessen weiterhin blind und taub.

Folgende Fakten müssen wir berichten:

Am Samstag, 2. Dezember, wurde tagsüber eine Gruppe Paramilitärs in Tarnuniform gesehen, die sich im Dorf Mulatos den Fluss entlang bewegte.

Am Sonntag, 3. Dezember, wurde unsere Friedensgemeinde darüber informiert, dass unter anderem in den Dörfern El Mariano, Buenos Aires und La Linda die Armee nachts patrouilliert. Wonach sie suchte, ist unklar. Auszuschließen ist, dass sie hinter den paramilitärischen Gruppen her war, denn die kontrollieren die Gegend nach wie vor in aller Ruhe, ohne dass sie jemand belästigt.

Am Dienstag, 5. Dezember, sagten Ortsansässige, in den Dörfern von San José de Apartadó errichteten die Paramilitärs Wachposten. Einer davon, den alle Vorbeifahrenden wahrnehmen, wird an dem als Chontalito bekannten Punkt gebaut.

Gemeinde Tierralta im Departamento Córdoba gehört (Córdoba schließt sich östlich an Antipoquia an, dem Departamento, in dem San José liegt, Anm. d. Ü.). Dort arbeiten seit kurzem Armee und Paramilitärs eng zusammen, was sich in gewaltsamem Vorgehen gegen die bäuerliche Bevölkerung niederschlug und was nach den Klagen der Betroffenen mittlerweile nationalen und internationalen Widerhall gefunden hat.

Wir wiederum können den Anschlag vom Dezember 2017 nicht vergessen, als fünf bewaffnete Paramilitärs auf Motorrädern ankamen und unsere gesetzlichen Vertreter Germán Graciano und José Roviro López sowie andere Mitglieder des Internen Rates töten wollten. Auch wenn die beiden nach wie vor Todesdrohungen erhalten, konnten wir damals Schlimmeres verhindern. Wir stellten die Angreifer, zwei hielten wir fest und übergaben sie den Behörden, während die anderen flohen und in das Dörfchen San José

Am Freitag, 8. Dezember, wurde nachmittags eine Gruppe Paramilitärs in Tarnuniform an der als „La Cañada de Pulgarín“ bekannten Stelle im Dorf Mulatos gesichtet.

Am Dienstag, 12. Dezember, wurden wir von Menschen, die gezwungen sind, direkt unter den Paramilitärs zu leben, darüber informiert, dass die Paras entschieden hätten, zwei Mitglieder des Internen Rates unserer Gemeinde zu eliminieren. Einer von ihnen ist unser gesetzlicher Vertreter und der andere der Koordinator unserer Siedlung im Dorf La Resbalosa. Ein großer Teil des Territoriums von La Resbalosa gehört zur zurückkehrten, wo sie bis heute leben und weiterhin mit Polizei und Militär freundschaftlichen Umgang haben. Wir möchten daran erinnern, dass in dieser Episode die Zusammenarbeit der öffentlichen Gewalt und des gesamten Justizapparats mit den Paramilitärs absolut offensichtlich wurde. Bis heute hat die sogenannte Justiz den Fall noch nicht untersucht. Die Beschuldigten sind in Freiheit.

Am Dienstag, 12. Dezember, erfuhren wir vom Tod des jungen Eimer Emilio Gómez David, der in den vergangenen Tagen verschwunden war und dann mit Anzeichen grausamer Folter tot aufgefunden wurde. Gómez David, gebürtig aus San José, war Mitglied unserer Friedensgemeinde, ebenso wie seine Familie, die sich allerdings vor einiger Zeit zurückgezogen hatte. Wir verurteilen aufs Schärfste, dass auf unserem Territorium solche brutalen und unmenschlichen Praktiken vorkommen, die typisch für Völker sind, denen es an der grundlegendsten menschlichen Sensibilität mangelt. Wir sprechen seiner Familie unser tiefstes Beileid aus.

Zwischen dem 18. und 21. Dezember besuchten Vertreter unserer Friedensgemeinde mehrere Dörfer in der Umgebung von San José de Apartadó, darunter Mulatos und Resbalosa, um auf Morddrohungen gegen Bewohner der Region und gegen Mitglieder unseres Internen Rates öffentlich aufmerksam zu machen. Während der Tour konnten wir die starke Präsenz und territoriale Kontrolle der Paramilitärs in der Gegend sowie die unterschiedlichen Bauweisen paramilitärischer Wachposten sehen, wie zum Beispiel den Standort Chontalito, wo die Paramilitärs seit 2018 sitzen, und ähnliche Posten. Es ist schon unglaublich, wie beharrlich sich das angeblich überwundene Herrschaftssystem der Paramilitärs behauptet und wie unbeeinträchtigt die Möglichkeiten der Paramilitärs sind, die Autonomie der Zivilbevölkerung zunichtezumachen. Am Donnerstag, 4. Januar, bat Ovídio Torres Areiza uns dringend um Schutz, nachdem er und seine Familie von den Paras mit dem Tod bedroht worden waren. Wir können allerdings nicht vergessen, (…) dass Ovidio 2006, als er sich uns angeblich anschließen wollte, uns offenbar im Auftrag von Militär und Paramilitärs einen Computer gestohlen hat. Die Armee hatte ihn dazu angestiftet, weil sie sich auf dem Gerät Hinweise auf Zusammenarbeit zwischen der Guerrilla und uns erhoffte; Zeugen zufolge soll das Militär „enttäuscht“ gewesen sein, als natürlich nichts zu finden war. – Ovidio gibt jetzt zwar zu, jahrelang für die Paras gearbeitet zu haben, sagt aber, er habe sich von ihnen längst abgewandt, und deswegen bedrohten sie ihn nun genauso wie seinen ältesten Sohn, den sie sogar gefangen und gefoltert hätten, um den Aufenthaltsort von Ovidio zu erfahren.  Unsere Gemeinschaft folgt einem ihrer Grundprinzipien, nämlich der Verteidigung des Lebens eines jeden Menschen, auch wenn der anders denkt als wir. Wir haben uns deshalb bereit erklärt, Ovidio zu schützen, bis er mit Hilfe humanitärer Organisationen das Gebiet verlassen könne – und so ist es mittlerweile geschehen.

Am Samstag, 6. Januar, zwangen in der Gegend bekannte Paramilitärs (es folgen die Klar- und Aliasnamen von dreien, Anm. d. Ü.) die Bewohner des Dorfes La Unión zu einer Versammlung auf dem Dorfplatz, wo sie alle ihre Mobiltelefone abgeben mussten. Der von Drohungen begleitete Befehl der Paramilitärs lautete, dass sich alle der Junta de Acción Comunal anschließen müssten, was beweist, dass die Paras die Junta als Kontrollinstrument nutzen können (die Juntas de Acción Comunal sind in der Verfassung vorgesehene Mitbestimmungsräte auf kommunaler Ebene, die in der Praxis allerdings oft von den jeweils Mächtigen kooptiert sind, Anm. d. Ü.). Bei der Versammlung gaben sie wirre und widersprüchliche Anweisungen zur Lösung von Landkonflikten, ein Bereich, für den sowieso ausschließlich die Justiz zuständig ist, deren Befugnisse sie sich anmaßten. – Die Versammlung fand in unmittelbarer Nähe des Militärs statt, was erneut beweist, wie eng Armee und Paras zusammenarbeiten.

Am Montag, 8. Januar, war sehr früh eine Gruppe schwer bewaffneter Soldaten im Zentrum von La Unión unterwegs und befragte die Zivilbevölkerung nach Informationen über die Paramilitärs. Dabei wissen Militär und Polizei sehr gut, wo sich die Paramilitärs aufhalten. Durch solche Befragungen wird die Zivilbevölkerung in einen gewaltsamen Konflikt einbezogen, an dem sie keinen Anteil hat.

Unsere Friedensgemeinschaft verurteilt jede Handlung, die das Leben oder die Integrität eines Menschen bedroht. Die Regierung in Bogotá ist am Ende dafür verantwortlich, wenn den Mitgliedern unserer Gemeinschaft und den Bewohnern der Region etwas zustößt. Denn der Paramilitarismus kann weiterhin frei schalten und walten.

Als Friedensgemeinde kräftigen wir unsere ethischen und moralischen Grundsätze. Wir danken allen Menschen aus verschiedenen Teilen der Welt, die uns weiterhin mit ihrer moralischen Stärke unterstützen.

Friedensgemeinde San José de Apartadó
8. Januar 2024

Die Regierung will angeblich etwas ändern, dennoch sind die Paramilitärs außer Kontrolle

Einmal mehr erheben wir unsere Stimme, um auf die Tatsachen aufmerksam zu machen, die unsere Friedensgemeinde und die Bevölkerung unseres geografischen und sozialen Umfelds ständig bedrohen.
Wir befinden uns gefangen in einer Welt, in der nur die Macht gilt. Die will ihre Ziele erreichen, und da spielt es keine Rolle, wer unter ihr leidet.

Die Regierung in Bogotá sagt, es gelinge ihr, mit den illegalen bewaffneten Gruppen zu verhandeln und so das Leben der Zivilbevölkerung in den Dörfern und Weilern des Landes zu sichern. Aber das sind nur Nachrichten in den Medien. In der Realität hat sich für die Bauern des Landes nichts geändert, denn in den Gebieten, die von den legalen oder illegalen bewaffneten Akteuren kontrolliert werden, ist das Leben noch schwieriger geworden. Auch in Gebieten wie San José de Apartadó kontrolliert und bestimmt der Paramilitarismus, wie sich die Bauern bewegen dürfen und arbeiten müssen.

In Urabá ist die Regierung des Wandels noch nicht angekommen, geschweige denn, dass sie die 17. Heeresbrigade selbst gründlich überprüft und gesäubert hätte, denn innerhalb dieser Brigade und der ihr unterstellten Einheiten herrscht ein hohes Maß an Komplizenschaft mit dem Paramilitarismus, wie die Ereignisse vom 12. September 2023 zeigen, als Soldaten und vermummte Paramilitärs gemeinsam die Zivilbevölkerung von Urabá einschüchterten.

Auch in den Dörfern von San José de Apartadó gibt es eine hohe Präsenz von Paramilitärs, die sich offen mit Uniformen und AGC-Abzeichen bewegen, schwer bewaffnet sind und sich unter dem vollen Schutz des Militärs und der Justiz bewegen.

(Anm. d. Ü.: AGC steht für Autodefensas Gaitanistas de Colombia, auch Clan del Golfo, Clan Úsuga oder Los Urabeños genannt. Die Gruppe gilt als das mächtigste Verbrechersyndikat Kolumbiens. Aus rechtsgerichteten Paramilitärs nach der Demobilisierung hervorgegangen, arbeitet die Gruppe mit dem mexikanischen Sinaloa-Kartell zusammen und ist gegenwärtig für die Hälfte des kolumbianischen Kokain-Exports verantwortlich. Der Golf-Clan benutzt als operative Basis die schwer zugängliche nordwestkolumbianische Subregion Urabá – daher auch der Name „Los Urabeños“. Die Bande ist vor allem in den Drogenschmuggel, illegalen Bergbau und der Schutzgelderpressung verwickelt. Zudem sind sie für zahlreiche Morde und Vertreibungen verantwortlich. Anfang 2023 schloss die Regierung unter Präsident Gustavo Petro einen Waffenstillstand mit dem Clan del Golfo, den sie nach kurzer Zeit am 19. März 2023 wieder kündigte. Grund war laut Petro ein Angriff auf Polizeikräfte durch den Clan.)

Das Schlimmste ist, dass die Paras die Zivilbevölkerung kontrollieren und zwingen, sie in ihren Dörfern und auf ihren Privatgrundstücken zu akzeptieren. Niemand kann etwas sagen oder anprangern aus Angst, getötet oder aus der Region vertrieben zu werden, wie es einigen Einwohnern ergangen ist, die weit weggehen mussten, um nicht getötet zu werden.

Hier die Ereignisse der letzten Wochen:

Am Sonntag, den 24. September, wurde in den Morgenstunden im Dorf Mulatos Medio ein Trupp Paramilitärs gesehen, der sich entlang des Flusses bewegte. Nach Angaben der Dorfbewohner waren die Männer schwer bewaffnet, getarnt und trugen Armbinden mit dem Abzeichen AGC.
Am selben Tag erfuhr unsere Friedensgemeinde, dass das paramilitärische Kommando in der Region von den Dörfern Resbalosa zum Dorf Frasquillo in der Gemeinde Tierralta Córdoba gewechselt hat. Gerüchteweise heißt es, das neue Kommando habe die Ermordung von Menschen ankündigt, um alle, die sich ihren Plänen nicht unterwerfen, aus der Gegend zu vertreiben.

Am Montag, den 25. September, erfuhr unsere Friedensgemeinde von einer Morddrohung gegen einen Bewohner des Dorfes San José de Apartadó durch die Paramilitärs, die dieses Gebiet kontrollieren. Um sein Leben zu schützen, zog es dieser Bewohner vor, aus dem Gebiet zu fliehen.

Am Dienstag, den 26. September, wurden gegen 20 Uhr Hubschrauberüberflüge in den Dörfern Resbalosa und Mulatos registriert.

Am Samstag, den 7. Oktober, wurde eine starke paramilitärische Präsenz an der Schule von Resbalosa festgestellt. Am selben Tag betraten einige der Paramilitärs unbefugt ein Privatgrundstück, das der Friedensgemeinde gehört.
Am selben Tag wurden wir vor der starken Präsenz einer Gruppe schwer bewaffneter Paramilitärs gewarnt, die auf einem Grundstück im Weiler Mulatos im Bezirk San José de Apartadó lagerten.

Am Samstag, den 4. November, wurde eine starke Präsenz von Paramilitärs in Uniform und mit Langwaffen beobachtet, die sich durch das Dorf Resbalosa bewegten und dann in Richtung Mulatos gingen.

Am Sonntag, den 5. November, wurde erneut eine starke Präsenz schwer bewaffneter Paramilitärs zwischen Mulatos und Resbalosa festgestellt. (….)

Am Dienstag, den 7. November, drangen zwei Paramilitärs in eines der Grundstücke ein, das der Friedensgemeinde gehört. (…)
Am selben Tag wurden in den Abendstunden in der Gegend von Baltazar, einem Ort östlich des Dorfes La Resbalosa, mehrere Schüsse aus Langwaffen abgefeuert. Die Motive oder das Schicksal der Zivilbevölkerung waren zunächst unbekannt.

Am Mittwoch, den 8. November, erfuhren wir, dass die Paramilitärs einem Bewohner eines der Dörfer von San José de Apartadó gedroht hatten, ihn zu töten, sollte er in das Dorf zurückkehren, in dem er seit langem lebt.
Am selben Tag riefen die Paramilitärs die Bewohner des Dorfes Resbalosa zu einer Versammlung in der Schule auf. Den Informationen zufolge kamen die paramilitärischen Kommandanten, die die Versammlung leiteten, aus dem Dorf Nuevo Antioquia in der Gemeinde Turbo. Bei dieser Versammlung unterstrichen sie die von ihnen auferlegten Verhaltensvorschriften für die Bewohner. Jeder, der sich nicht daranhalte, müsse das Dorf verlassen oder sterben.
Ebenfalls an diesem Mittwoch bemerkten wir abends Armeeangehörige, die sich Motorrädern in Richtung San José de Apartadó bewegte. Anscheinend führen sie diese Art von Ausfällen spät in der Nacht durch. Worum es dabei geht, ist unklar. Aber es ist sehr verdächtig, wenn man bedenkt, dass der Sektor eigentlich von den Paramilitärs kontrolliert wird.

Am Donnerstag, den 9. November, brach in den Morgenstunden ein Paramilitär mit zwei Funkgeräten und einem Mobiltelefon in unser Privatgrundstück La Cabaña im Dorf La Resbalosa ein. Die internationale Begleitung unserer Gemeinde, die dort präsent ist, forderte den Eindringling sofort auf, das Gelände zu verlassen. Dieser Paramilitär widersetzte sich und zog erst einige Zeit später mit Gesten ab, die besagten, dass ihn das alles nichts angehe.

Am Freitag, den 10. November, wurde unsere Friedensgemeinde auf die Anwesenheit einer Gruppe von getarnten und schwer bewaffneten Paramilitärs an einem Ort aufmerksam, der als Pulgarín-Schlucht im Weiler Mulatos Medio von San José de Apartadó bekannt ist. Am selben Tag bemerkten wir morgens die Anwesenheit einer Gruppe von Soldaten, die illegal unser Privatgrundstück La Holandecita betreten hatten, auf dem sich unsere Siedlung San Josesito befindet.

Am Samstag, den 11. November, teilte uns ein Bewohner des Dorfes San José mit, dass die Paramilitärs mehreren Landwirten in einigen Dörfern von San José de Apartadó und Tierralta Córdoba ihre Bauernhöfe weggenommen haben. Die Paras hatten befohlen, die Bauern dürften keine Flächen für den Anbau von Grundnahrungsmitteln roden, und daran hatten sich die Bauern nicht gehalten. (…)

Am Dienstag, den 14. November, erfuhr unsere Gemeinschaft vom Tod eines Zivilisten in Murmullo, Tierralta, der unter dem Namen „El Paisa“ bekannt war. Paramilitärs hatten mehrere Kugeln auf ihn abgegeben.

Am Freitag, den 17. November, drangen gegen 16 Uhr fünf berittene Paramilitärs auf unser Privatgrundstück La Cabaña in der Ortschaft La Resbalosa ein, wo am 21. Februar 2005 das Massaker von Paramilitärs und der nationalen Armee verübt wurde. Die fünf Männer waren bewaffnet und hatten Funkgeräte dabei.

Am Montag, den 20. November, wurde unsere Gemeinde von einem Mann angerufen, der sich als Mitglied des Bauunternehmens Cooperativa de Trabajo Asociado Policonstructores vorstellte und sagte, dass er eine Lizenz für die Ausbeutung von Baumaterial aus dem Apartadó-Fluss besitze. Wenn sich die Gemeinde nicht mit ihm an einen Tisch setze, werde ein anderes Unternehmen kommen und die Dinge in die Hand nehmen. Unserer Ansicht nach ist das Ökosystem durch eine derartige Ausbeutung gefährdet.

Am Mittwoch, den 22. November, wurde gegen Mittag ein junger Mann in der Nähe des Weilers La Balsa an der Straße von San José nach Apartado von zwei Männern erschossen. Dies geschah, während wenige Minuten später eine Polizeikontrolle an der Ausfahrt von Apartadó nach San José eingerichtet wurde. Wie konnte es sein, dass die Paramilitärs zur gleichen Zeit zu der eine Polizeikontrolle eingerichtet wurde, einen neuen Mord begingen? Wie auch immer, klar ist, dass die Paramilitärs alles unter Kontrolle haben.
In den vergangenen Wochen haben die Paramilitärs ihre Regeln und Befehle angepasst und genauer gefasst. Sie haben den Händlern in San José de Apartadó eine illegale Kriegssteuer auferlegt, sie haben dem Fleischhandel genaue Anweisungen gegeben, sie überwachen und kontrollieren ihn ständig, und wer versucht, die Unterordnung zu brechen, muss die Konsequenzen tragen. Diese kriminellen Praktiken und die paramilitärische Kontrolle über den Handel und andere Aktivitäten in San José de Apartadó finden trotz einer starken Militär- und Polizeipräsenz statt, die jedoch angesichts der unkontrollierten Paramilitärs und einer Regierung, die angeblich den Wandel herbeiführen will, absolut nichts unternehmen.

Auch anderswo sind Menschen ist mörderischen menschlichen Maschinen ausgeliefert. In Israel werden Hunderte von wehrlosen Menschen getötet – aber gleichzeitig hat das, was in Gaza geschieht, längst die Grenzen zur Grausamkeit überschritten. Genug von dieser Barbarei, genug ist genug.

Unsere Friedensgemeinde verurteilt offen jede Aktion, die sich gegen das Leben oder die Unversehrtheit eines Menschen richtet, und gleichzeitig bekräftigen wir unsere ethischen und moralischen Grundsätze, um inmitten des Todes weiterhin Räume des Lebens zu schaffen.

Wir danken allen, die uns moralisch unterstützen, wo auch immer auf der Erde sie seien.

Friedensgemeinde San José de Apartadó,
30. November 2023

Wir leiden unter einem Staat, der unser Überleben nicht garantiert, sondern aufs Spiel setzt

Wieder einmal wendet sich unsere Friedensgemeinde an die Geschichte und an die Welt, um über Tatsachen zu berichten, die sich in der letzten Zeit massiv gegen unsere Zivilbevölkerung und gegen unser Lebensprojekt richtet.

Zunächst soll es um die Planungen der Landrückgabeeinheit (URT) gehen.

(Die Sonderverwaltungseinheit für die Verwaltung der Rückgabe von enteignetem Land (VAE-GRTD) oder einfach die Einheit für die Rückgabe von Land (URT) von Kolumbien ist eine Institution, die im Januar 2012 durch das Gesetz 1448 von 2011, allgemein bekannt als Gesetz über Opfer und Landrückgabe, geschaffen wurde, um die rechtliche und materielle Rückgabe von Land zu erreichen, das im Rahmen des bewaffneten Konflikts in Kolumbien enteignet wurde. Wikipedia/d. Ü.)

Die offiziellen oder inoffiziellen Erklärungen der zuständigen Beamten untergraben die Integrität der Verfahren auf administrativer und rechtlicher Ebene, indem sie den demokratischen Entscheidungsprozess umgehen. … Die URT-Funktionäre haben eine heftige Verfolgung gegen uns und unseren Besitz ausgelöst, den wir friedlich, frei, öffentlich und unter strikter Einhaltung der Verfassung und des Gesetzes erworben haben. Wir haben die Auseinandersetzung aufgenommen und auf diese Weise die Rechtmäßigkeit unserer Erwerbungen nachweisen können …

Die aktuellen Vorkommnisse der letzten Wochen, die wir hier zu eurer aller Information festhalten, sind die folgenden:

Am Dienstag, 1. August 2023 wurde ein weiterer militärischer Kontrollpunkt in der Nähe vom Stadtgebiet San José eingerichtet. Diese Kontrollpunkte und angeblichen Militär- und Polizeikontrollpunkte haben allerdings noch nie etwas genützt, denn der paramilitärische Flügel wird in San José de Apartadó seit Jahrzehnten unterstützt.

Samstag, 5. August 2023 erfuhren wir, dass ein Treffen zur Projektplanung eines absolut notwendigen Naturreservats in der Umgebung von San José de Apartadó durch Intervention der Zentralregierung gestört werden soll.

Am Dienstagmorgen 8. August 2023 fand ein Treffen zwischen einer Delegation unserer Friedensgemeinschaft und Beamten der URT, der territorialen Direktion von Apartadó und der zentralen Ebene von Bogotá statt.
Die URT und die Friedensgemeinschaft hatten Termine und Verfahren geplant, um mit dem zweiten Tag der Georeferenzierung auf einigen Grundstücken fortzufahren, die sich im Besitz unserer Gemeinschaft befinden und die im Rahmen der Landrückgabe gemäß dem Gesetz 1448 von 2011 von großen politischen und wirtschaftlichen Interessen, die sie motivieren, gefordert werden.

Der Blogger befürchtet auch hierbei wieder unfaire Methoden der Friedensgemeinde gegenüber. Weitere Grenzüberschreitungen auch von Paras in Uniform, verbale Respektlosigkeiten, schwere Körperverletzung an einem Landwirt aus La Hoz, mehrmals Androhung von Gewalt und Mord, zweifacher Mordversuch, Diebstahl von geschütztem Holz, üble Nachrede auch in den sozialen Netzwerken über die Friedengemeinde werden moniert. Betroffene Gebiete waren z.T. offiziell von der URT vor Übergriffen geschützt worden. Einige Male behaupteten Eindringlinge auch einfach von der URT die Erlaubnis erhalten zu haben. (d. Ü.)

Weiter mit dem Blog:

Die Anwesenheit dieser Eindringlinge in unseren Räumen schränkt unsere Freiheiten und unsere Ruhe ein.

Am Montag, 4. September 2023 wurde der junge DAYRON ANDRES OSORIO ARTEAGA durch Schusswunden getötet.
Es wird nichts über die Umstände oder den Verursacher geschrieben. (d. Ü.)

Am Samstag, den 9. September 2023, wurde ein junger Mann getötet, sein Bruder war am Sonntag, den 24. Januar 2021 von Paramilitärs ermordet worden.
Auch hier keine Angabe der Umstände. (d. Ü.)

Oft fragen wir uns, ob es sich lohnt, unsere Hoffnungen in einen Staat zu setzen, der eigentlich die Garantien für das Leben unter Einhaltung der Menschenrechte (freier übersetzt d. Ü.) als zentrale Verpflichtung eines Rechtsstaates bieten sollte. Aber wir sehen, dass diese Rechte von Interessen, die der Gerechtigkeit und der Vernunft entgegenstehen, verweigert und mit Füßen getreten werden.

Wir werden den Weg der Erinnerung mit Ehre weitergehen, indem wir all derer, die sich für den Aufbau einer gerechteren Welt eingesetzt haben und noch immer einsetzen gedenken, während wir all jenen danken, die aus verschiedenen Teilen der Welt uns unterstützen mit ihrer Zuneigung und Solidarität.

Friedensgemeinde San José de Apartadó
22. September 2023