Ein trauriges Weihnachten. Erklärung der Friedensgemeinschaft zum Mord an Huber Velásquez

Als Friedensgemeinschaft von San José de Apartadó sind wir an diesem Ort, an dem am vergangenen Freitag, dem 17. Dezember, der soziale Führer und Bürgerbeobachter HUBER VELASQUEZ von den bewaffneten Streitkräften, die unsere Region beherrschen, ermordet wurde. Unsere Anwesenheit ist ein Ausdruck des Protestes und der Verurteilung der kriminellen Strukturen, die die nationale Macht ausüben, geschützt durch absolute Straflosigkeit.

Unsere Gemeinschaft ist seit ihrer Gründung vor 25 Jahren Opfer derselben Verfolgungs- und Vernichtungsstrategie geworden, und wir mussten mehrere hundert unserer Mitglieder und Mitarbeiter unter Schmerzen begraben und vergeblich darauf warten, dass die Justiz wenigstens ein Urteil spricht und dieses Blutbad beendet.

Alle unsere Hoffnungen wurden enttäuscht und so mussten wir einen radikalen Bruch mit der Justizbehörde vollziehen, da wir von den obersten Gerichten nicht angehört wurden. Wir riefen sie ja an, um das erschreckende Ausmaß an Korruption zu untersuchen, das das Justizsystem in dieser Region schon immer geprägt hat.

Das Verbrechen, das Huber Velásquez das Leben kostete, ist ein weiterer Versuch die sozialen Basisbewegungen in Kolumbien zu zerschlagen. Mit der Unterzeichnung des Friedensabkommens im Jahr 2016 begann eine bis dahin selten dagewesene Zunahme von Ermordungen sozialer Führungspersönlichkeiten sowie die Eliminierung von mehreren Hundert ehemaligen Kämpfern, die die Abkommen unterzeichnet hatten und in den Demobilisierungsprozess integriert worden waren. Die Unterdrückung der sozialen Proteste, die im April dieses Jahres begann, hat nicht nur die Verbrechen der Morde, des Verschwindenlassens, der Folter und der willkürlichen Freiheitsberaubung verstärkt, sondern auch ein erschreckendes Maß an Grausamkeit angewandt und zahlreiche verstümmelte und traumatisierte Opfer und zerstörte Familien hinterlassen.

Diese ganze Situation hat in der kolumbianischen Gesellschaft einen Zustand der Angst und des Terrors gefestigt, der durch Gesetzesentwürfe noch verstärkt wird. Sie verhindern den sozialen Protest zunehmend und begünstigen die Verzerrung von Informationen durch Medien, die seit vielen Jahrzehnten in hohem Maße manipuliert werden. Unsere Friedensgemeinschaft hat mit vielen Mitteln gegen das Verschweigen der Wahrheit gekämpft.

Die Erinnerung an all jene, die den Mut hatten,  inmitten der schrecklichen Repression für die Grundsätze der Gerechtigkeit und Solidarität einzutreten, hält unsere Motivation aufrecht, unseren Kampf für Wahrheit und Gerechtigkeit fortzusetzen.

Sowohl Huber als auch sein Bruder Iván, der am 2. Januar 2002 an dieser Stelle massakriert wurde, unterhielten, ohne formelle Mitglieder unserer Friedensgemeinschaft zu sein, freundschaftliche Beziehungen zu uns und unterstützten unser Lebensprojekt. Unsere Gemeinschaft möchte ihm ein ehrendes Andenken bewahren und gegenüber dem Land und der Welt nachdrücklich gegen seine abscheuliche Ermordung protestieren. Die offiziellen Institutionen haben bereits den üblichen Weg eingeschlagen, manipulierte Versionen des Verbrechens zu erfinden. Die Folge ist wieder die Straflosigkeit. Wir aber schließen uns all jenen an, die beharrlich Gerechtigkeit und Wahrheit fordern.

Comunidad de Paz San José de Apartadó, 23. Dezember 2021